OKR Podcast #58: OKR und die Systemtheorie - Ein Gespräch mit Patrick Lobacher über Wirksamkeit

In Deutschland kenne ich nur ganz wenige Leute, die sich bereits seit über einer Dekade mit dem Framework Objectives & Key Results beschäftigen. Einer davon ist Patrick Lobacher von der die.Agilen GmbH. Ich glaube, es ist richtig zu sagen, dass Patrick Lobacher und sein Geschäftspartner Christian Jacob das Framework Objectives & Key Results , so wie wir es heute kennen, maßgeblich mitgestaltet hat. Beide haben mit eigenen Worten die Lücken gestopft, die zu Beginn da waren. Patrick Lobacher beschäftigt sich nicht nur mit Objectives & Key Results, sondern auch mit der Theorie, die das Wirken von Organisationen und der Gesellschaft am Besten beschreibt, der Systemtheorie. Patrick führt in diesem Gespräch in seine Bezüge zur Systemtheorie ein und zeigt auf, dass das Framework Objectives & Key Results einen systemischen Hintergrund hat: Wirksamkeit und Kommunikation.

Unsere Themen in dieser Episode

  • Patrick Lobacher stellt sich vor
  • Wie bist du auf Objectives & Key Results aufmerksam geworden?
  • Was hat euch an dem Video von Google zu OKR gestört?
  • OKR & Systemtheorie - Eine Erforschung der Wirksamkeit
  • Wirksamkeit - Was heißt das für dich?
  • Zentrale Steuerung mit OKR? Ist das nicht ein Trugschluss?
  • Was könnten Anreize für selbstorganisierte Arbeit an gemeinsamen Zielen sein?
  • Wie gelingt die Gestaltung einer greifbaren Vision?
  • Wohin entwickelt sich Objectives & Key Results?
  • Wo beginnt und endet die Strategiearbeit mit OKR?
  • Verabschiedung
  • Outro

Transkript

Achtung, dieses Transkript wurde maschinell erzeugt und nur geringfügig nachgearbeitet. Fehler kommen vor. Hört dir gerne den Podcast an, es macht auch mehr Spaß.

Begrüßung

AndréJa, hallo. Ich freue mich heute, Patrick Lobacher bei mir im virtuellen Studio zu haben. Und wir sprechen über ein sehr spannendes Thema, nämlich Systemtheorie und OKR. Ein Widerspruch oder ein Konflikt, der gut tut. Und vielleicht ist es auch überhaupt kein Konflikt.

André: Bevor wir aber einsteigen, Patrick, stell du dich gerne einmal vor. Wer bist du? Was machst du? Was treibt dich an? Und dann gehen wir direkt mal in das Thema rein.

Patrick: Ja, hallo André. Vielen Dank für die Einladung, dass ich in deinem Podcast sein darf. Hab mich sehr gefreut. Ich bin Patrick Lobacher, bin Mitgesellschafter und Geschäftsführer der Die Agilen GmbH. Wir beschäftigen uns, wie es Dynamischen sagt, mit Agilität und da ganz speziell von Anfang an jetzt insgesamt schon seit zwölf Jahren mit dem Thema OKR und da ganz speziell mit wirksamen OKR. Und was uns antreibt, war von Anfang an die Idee, wie wir zu OKR gekommen sind. Wir wollten eigentlich, jetzt klingt es ziemlich blatt, aber tatsächlich war das die Idee, wie schaffen wir es oder wie können wir unterstützen, dass Menschen ein bisschen glücklicher aus der Arbeit abends rausgehen, wie sie in der Früh reingekommen sind. Und da sind uns ganz viele Sachen aufgefallen in Organisationen, die dort eher das verhindern.

Patrick: Und insbesondere das Thema mit, wie gestalten wir die Zukunft gemeinsam? Wie verfolgen wir Strategien? Wie verfolgen wir Ziele? Und da sind wir auf das Thema OKR gestoßen und durften das seitdem erforschen und sind immer noch fleißig dabei, herauszubekommen, wie können wir es noch wirksamer gestalten im Ansatz. Ich glaube, das ist so in Grunde genommen die Zusammenfassung.

Patrick, wie bist du auf OKR aufmerksam geworden?

André: Also, das ist eine recht beachtlich lange Zeit, in der ihr euch mit OKR, aber nicht nur mit OKR, sondern mit agiler Arbeit im Allgemeinen beschäftigt. Patrick, ich muss jetzt mal fragen, das zwölf Jahre, hattest du eben gesagt, glaube ich, das ist ja noch vor dem Google-Video von Rick Klau, oder? Kann das sein? Oder so ungefähr zu der Zeit,

Patrick: Genau. Exakt, das war kurz davor, glaube ich ein Jahr davor ungefähr. Wir haben den Begriff tatsächlich in einem Buch gelesen. Ich glaube, es war How Google Works, aber ich weiß es nicht mehr. Und da stand nur OKR drin, also wirklich als Abkürzung.

Patrick: Und nichts dahinter, dann haben wir natürlich gleich gegoogelt und haben versucht, rauszufinden, was heißt denn das. Und was wir gefunden haben, war Oberkirchenrath und Ortskulturring. Und dann haben wir gedacht, das kann ja beides eigentlich nicht sein, da muss doch irgendwas noch dahinter sein. Aber da Google angeblich damit arbeitet, dachten wir uns, rufen wir mal jemanden bei Google an, zu dem wir Kontakt hatten im Bereich Ad und Analytics.

Patrick: und haben da angerufen und haben gesagt, heute wollen wir mal über was anderes reden. Was macht ihr denn da? Angeblich macht ihr dieses OKR. Und dann haben wir eine Geschichte erzählt bekommen, wie das da bei denen in der Abteilung so funktioniert. Und ein Hinweis, wer das noch machen könnte in der anderen Abteilung bei Google. Dann haben wir die auch kontaktiert. Die haben eine leicht andere Geschichte erzählt. Dann hatten wir den Kontakt dort gekriegt, dass LinkedIn auch damit arbeiten würde. Dann da hatten wir auch eben

Patrick: Ansprechpartner haben da noch mal angerufen. Und dann haben wir uns da einfach so ein bisschen die Geschichten erzählen lassen und übereinander gelegt und haben festgestellt, es ist merkwürdig, weil alle machen etwas in einer bestimmten Sache, aber keiner macht es genau gleich. Und die Sachen, die dem einen wichtig waren, waren der andere nicht mehr so wichtig und die haben das ein bisschen anders definiert.

Patrick: So haben wir dann versucht, eben rauszubekommen, woher kommt das, dass das bei allen funktioniert und vielleicht durch die Individualität, durch den Kontext, durch die auch die Kultur, die wir uns so ein bisschen haben, zumindest erzählen lassen, wie sie mit bestimmten Themen umgehen. Und dann kam das Google Video eben raus und das hat den Startschuss gelegt. Auch bei Google Trends sieht man das genau mit der Veröffentlichung.

Was hat euch an dem Video von Google zu OKR gestört?

André: Rick Klau, der Urheber des Videos, war nachher auch unglücklich, aber nur in Teilen. Was hat dich oder was hat euch den unglücklich gemacht bei dem Video?

Patrick: das Video ging es nach oben und wir waren sehr unglücklich mit dem Video von Anfang an tatsächlich. Ja, das waren so ein paar Sachen, zum Beispiel die persönlichen Ziele, wo wir

Patrick: schon lange Erfahrung hatten zu dem Zeitpunkt war im Bereich Agilität, gerade wenn es um Scrum, Kanban, Design Thinking, Lego Series Play ging, waren schon klar, dass es eigentlich darum geht, wie wir Komplexität beherrschen, was heißt beherrschen, aber zumindest in der Komplexität zu guten Ergebnissen kommen. Und die hat sich für uns schon immer anders angefühlt wie komplizierte Umgebungen, wo es einfach nur einen verdammt guten Plan braucht und ein Nachhalten.

Patrick: des Planes und Controlling und Kennzahlen und ähnlichem. Und wir dachten, OKRy, es geht um Komplexität und dann muss es damit auch automatisch auch um Emergenz gehen. Und emergente Phänomene passieren immer zwischen Menschen und nie in einem Menschen allein an sich.

Patrick: dachten wir uns, damit OKR wirklich wirksam ist. Und so sind auch die Erzählungen gewesen an sich. Oder auch, wir haben natürlich dann ganz klar auch gefragt, wo seht ihr denn Schwachstellen eurer Implementierung und wo funktioniert es nicht so gut. Und dann war es immer, wenn es an den Punkt gekommen ist, dass jeder seine individuellen Ziele hatte. Und dann haben wir gedacht, naja, das können wir auch irgendwo verstehen, weil dann verfolge ich ja mein eigenes Ziel und nicht unbedingt das Ziel der Gruppe, weil man will ja gemeinsam ein Problem lösen, ein Komplexes.

Patrick: und es steht mir da eher im Weg, als dass es hilft.

André: Die individuellen Ziele sind tatsächlich noch so ein bisschen der Gedanke, ich muss an den Persönlichkeiten selbst arbeiten. Jeder Mensch muss da irgendwie bearbeitet werden, damit er in die richtige Richtung läuft. Hat vielleicht auch was mit altem Denken über Motivation zu tun und die

André: OKR selbst, so wie du es sagst, da geht es ja um Problemlösungen und nicht um Performance. Und das ist also mehr als nur eine Frage ab, wie viele Leute machen Zielesinn. Also das ist das, was mir jetzt gerade durch den Kopf geht. Und Derrick Klau hat ja auch genau das nachher gesagt. Das war eigentlich keine gute Idee.

André: Aber am Ende war es halt das, was er, so habe ich es verstanden, berichtet hat, wie damals der Stand bei Google war. Oder ehrlich gesagt, der Stand wäre Klaus gerne bei Google gesehen hätte, denn es ist ja auch schon damals sehr großes Unternehmen gewesen, heute noch deutlich größer.

André: Und für mich auch lange kein Vorbild mehr, was OKR angeht. Ganz im Gegenteil. Google in 2024 wirkt für mich eher wie so ein klassischer Konzern, der manchmal doch ein bisschen Mühe hat.

André: jetzt sage ich mal, den Dingen, die da sind, ja, auch zu folgen. Also es schreitet auch für mich nicht mehr voran. Also Google ist für mich tatsächlich gar nicht mehr so innovativ. Aber wir sollten gar nicht über Google reden. Sorry, dass ich da abgeschweift bin. Es ist noch mal ein anderes Kapitel. Sehr interessant.

André: Gucken wir auf die Gegenwart und unser Thema ist ja OKR und Systemtheorie. Du hast das jetzt gerade angesprochen. Warum reden wir über das Thema eigentlich? Ich sage es mal von meiner Seite aus ein, es gibt ja aus der systemtheoretischen Ecke, wo es auch, manchmal ist das so ein bisschen mein Gefühl, auch ein Stück weit dogmatische Haltung gibt oder einfach auch andere Sichten.

André: schon einen kritischen Blick auf das Thema OKR, ja, aus einer systemischen Brille heraus. Ich habe jetzt letztens einen Podcast gehört mit dem Stefan Kühl und dem Marco Alberti. Schönen Gruß. Und Stefan Kühl als Organisationsoziologe ist auch kein glühender Fan von OKR. Er spricht dann auch ganz vehement von Konditional- und Zweckprogramm.

OKR & Systemtheorie - Eine Erforschung der Wirksamkeit

André: Aber das ist eine Sicht auf das Thema. Du hast deine Sicht. OKR und Systemtheorie. Warum?

Patrick: Also gehen wir vielleicht sogar noch mal einen kleinen Schritt zurück, wenn es so um die Erforschung der Wirksamkeit geht, also wie Menschen zusammen zu guten, also für sie guten Ergebnissen kommen und dann damit auch die Organisation vorwärts bringen können, war für uns der agile Blick schon immer wichtig. Und wir haben immer von Anfang an propagiert, dass das Ganze ein agiles Framework sein müsste. Keine Methode explizit, sondern wirklich ein Denkrahmen, der sich aber im Bereich der Agilität bewegen könnte oder sollte. Mit der Grundlage dem Agilen Manifest, wenn man ganz simpel Software durch Ergebnisse ersetzt im Agilen Manifest. Könnte man es eins zu eins drüber legen und könnte sich anschauen, ist es so die Art, wie wir zusammenarbeiten. Und damit war ich eigentlich, oder waren wir am Anfang auch sehr glücklich drüber, aber mich hat nicht losgelassen, warum denn Agilität funktioniert bei den einen und bei den anderen nicht. Also da gibt es ja gerade momentan ist die Diskussion ja wieder groß, ist die agile Bewegung am Ende oder was auch immer, da gibt es ja ganz viele, gerade auch LinkedIn, viele Postings darüber und

André: Das ist aktuell der Jürgen Appello.

Patrick: Genau, Jürgen Appello, aber auch schon, ich glaube, Nils Pfleging und auch viele andere, die in dasselbe Horn reingeblasen haben, heißt es, glaube ich, genau. Und ich dachte mir, ist es wirklich die Agilität, die sie kritisieren oder ist es die gelebte Agilität, also wie Agilität umgesetzt wird, wie dogmatisch vielleicht auch Agilität gelebt wird und Ähnliches wie

Patrick: wie strikt, welche Frameworks, wann, wo zum Einsatz kommen und wie man sie genau durchführt und all diese Dinge. Oder steckt darunter nicht eigentlich ein ganz anderer Gedanke. Also so bin ich irgendwann mal gestartet und bin dann zufällig, das war wirklich reiner Zufall, auf eine Ausbildung aufmerksam geworden, die in Barcelona stattgefunden hat. Vor, ich schätze mal, ungefähr sechs Jahren war das von Lars Vollmer und Mark Poppenburg.

Patrick: Ich glaube, das war eine Future-Leadership-Ausbildung. Und habe mir da keine Gedanken drüber gemacht, dachte mir, komm, da fährst du mal hin mit einer Kollegin von uns. Und Barcelona ist eh schön. Und die beiden fand ich jetzt so auch durchschnittlich sympathisch. Also ich habe ja nicht viel mitgekriegt, aber die Postings, ein bisschen die Videos, dachte mir, das wird eine schöne Zeit. Und dann haben sie diese fünf Tage begonnen damit, dass es sich eigentlich nur um Systemtheorie handeln würde.

Patrick: Und wer denn schon, wer denn mit dem Begriff überhaupt was anfangen kann und da hat sich keiner gemeldet. Also insbesondere ich nicht, weil ich dachte mir, im Theorie war doch Future Leadership, das ist doch jetzt nicht dasselbe. Und sie haben uns dann versucht, langsam einzuführen.

Patrick: Und tatsächlich, muss ich sagen, war ich am Ende dieser fünf Tage, ich hatte mehr Fragen und ich war deutlich verwirrter, als ich reingekommen bin, habe aber gespürt, dass da etwas drin ist. Wenn man so möchte, wurde mir eine Brille kurz aufgesetzt, wie ich auf Gesellschaft, aber insbesondere auf Organisation schauen könnte.

Patrick: Und es war nicht nur einfach ein Blick wie bei einer normalen Brille, der ein bisschen schärfer oder unschärfer war, sondern ich habe tatsächlich auch andere Bereiche gesehen, wo ich nie hingeschaut hätte, wie so ein Suchscheinwerfer so ein bisschen. Also wenn man so einen dunklen Raum hat, dann habe ich plötzlich Sachen ausleuchten können, die ich vorher nicht gesehen habe. Und damit kamen mir neue Erkenntnisse.

Patrick: Das hielt aber nicht lange an und insofern ist dann, einiges hat sich im Nachhinein, habe ich festgestellt, hat sich gesetzt und hat dann auch mein Denken beeinflusst, aber viel davon ist auch wieder verschwunden. Und als ich mich dann erneut damit beschäftigt habe, und das ist jetzt vielleicht erst drei Jahre her ungefähr,

Patrick: und mir gedacht habe, jetzt muss ich mich da mal ein bisschen durchquälen, weil ich habe keinen einfachen Zugang dazu gefunden. Also so ein Buch 101, Systemtheorie, einfach mal die ersten 20 Seiten und jetzt weiß man mehr als vorher, wie es wahrscheinlich bei jedem anderen naturwissenschaftlichen Buch der Fall wäre. Da würde man wenigstens die grundrechten Arten kapieren oder das Gravitationsgesetz oder was auch immer. So ist diese Theorie deutlich weniger zugänglich. Erst mal, weil sie eine ganz andere Art des Denkens

Patrick: braucht, wie wir es gewohnt sind, also wie ich es zumindest gewohnt sind und viele der Menschen, mit denen ich mich umgebe. Und habe aber dann festgestellt, dass wahrscheinlich Agilität auch nur oder erklärbar durch die Systemtheorie erklärbar wird, warum sie funktioniert und zwar ganz einfach, weil sie

Patrick: den Versuch, ja und vielleicht auch den es geschafft hat sozusagen, soziale Systeme zumindest zu erklären, also wie sie funktionieren, nicht wie sie funktionieren sollen, die ist ja nie

Patrick: normativ gewesen, die Systemtheorie, und sollte es auch nie sein, sondern einfach nur eben diese Brille, diesen Blick darauf zu kriegen und damit können wir als Menschen, die sich damit beschäftigen, vielleicht die eine oder andere Erkenntnis gewinnen, wie man etwas gestalten kann, wie vielleicht ein Workshop mehr Sinn machen würde oder ein Design, ein Framework, also auf was man lieber verzichten sollte, um damit eben nicht in die Gefahr zu laufen, zum Beispiel unwirksamer zu werden oder ähnliches.

André: Vielen Dank für’s Zuschauen.

Patrick: Und dabei habe ich dann entdeckt, und das ist dann ganz spannend, dass wir ja auch einen Ansatz geprägt haben, der eben nicht einfach nur ein MeToo-Ansatz von Google war, sondern ganz früh schon eben uns Eigenerklärungen gesucht haben, was funktionieren könnte oder sollte, dass wir eine Rolle brauchen dort drin und dass wir bestimmte Elemente brauchen im OKR und wie diese gestaltet sein sollten. Dass dort schon viel systemtheoretische

Patrick: Grundüberlegungen eingeflossen sind, ohne dass es so bewusst an der Oberfläche des Denkens war. Und das fand ich total spannend.

André: Ja, ich muss das jetzt auch ein Stück weit verdauen. In mir kam gerade so der Gedanke Agilität ist ja Agile, das Agile Manifest, ursprünglich ein Stück weit aus meiner Sicht ein US-amerikanisches Phänomen, eine Antwort auf die damalige Software-Krise im Jahr 2000. Ich sehe die skifahren Leute vor mir, die dann am Ende

André: in dem Raum standen und dann diese gemeinsamen Ideen für neues Arbeiten zusammenfassten.

André: Amerikaner, soweit ich das von hier aus beurteilen kann, auch System Thinking auch betreiben. Peter Sänger und andere. Das in einem eher kybernetischen Ansatz, so scheint es mir, also Ursache, also Wechselbeziehungen und Systeme, die in Resonanz gehen. Und der Niklas Luhmann hier in Deutschland hochverehrt.

Patrick: Ja, genau.

André: eine universelle Gesellschaftstheorie aufbaut, sehr stark mit Kommunikation arbeitet, viele philosophische Einflüsse auch hat. Die Menschen die Welt wahrnehmen, konstruieren, jeder Mensch konstruiert seine eigene Realität.

André: was man ja überall beobachten kann, dass Beziehungen und Kommunikation der Grundpfeiler jeder Organisation sind. Das sind jetzt so Punkte, die mir durch den Kopf gehen. Ich habe manchmal so einen Eindruck, dass wir, und das ist ja auch gut so jetzt auch hier über Lars Vollmer und Mark Poppenburg, diese soziologische Komponente dort mit rein

André: nehmen und damit auch vielleicht auch neue Dinge erschließen. Das ist, sagen wir mal, ich weiß gar nicht, ob ich jetzt, ich glaube jetzt beginne ich beim Reden zu denken, ich höre damit mal aus. Das sind so Dinge, deswegen, wenn du sagst, kein MeToo Ansatz, kann es gar nicht sein, weil wir einfach über unsere eigene Kultur letztendlich auch ein Stück weit anders draufblicken, vielleicht auch auf das Thema Agilität.

Patrick, was bedeutet Wirksamkeit für dich?

André: Jetzt aber zurück zu handfesten Fragen. Wirksamkeit. Was ist denn Wirksamkeit? Wenn ich jetzt einen Unternehmer frage, sagt er ganz klar, dass Wirksamkeit ist. Ja, Umsatzerhöhung ist Wirksamkeit. Aber jetzt mal mit Blick auf Systemtheorie, vielleicht gerne auch auf das Thema auf Barcelona neue Führung oder auf Niklas Luhmann Soziologie Wirksamkeit bei dir, bei euch, bei dem agilen Patrick Wirksamkeit. Was heißt das für dich?

Patrick: Also in der Endkonsequenz wird es sicherlich Wirtschaftlichkeit bedeuten müssen, weil das ist der einzige Grund, warum es Unternehmen gibt auf der Welt. Klar, es gibt immer andere Antriebe, warum ich ein Unternehmen vielleicht gründen will, vielleicht habe ich auch.

Will ich einfach die Welt verbessern oder Ähnliches, aber wenn man sich jetzt mal nur auf die juristische Person konzentriert, dann muss die eine schwarze Null schreiben, idealerweise sogar über der schwarzen Null und das ist das heilige Ziel, wenn man jetzt mal die Menschen ausblendet mit ihren Motiven. Also darum wird es immer gehen am Ende und es ist auch völlig legitim, dass man Unternehmen gründet, um Geld zu verdienen. Und der Weg dorthin, also vielleicht auch das why, warum ich das Ganze mache und was ich damit in der Gesellschaft bewirke, also dass ich zum Beispiel Menschen dazu bewegen kann, dass sie meine Produkte gerne nutzen oder Leistungen nutzen und dafür auch bereit sind, einen Teil ihres verdienten Geldes dort zu investieren, das ist im Grunde genommen die Kundenveränderung hin zu mehr Umsatz. Jetzt mal ganz blöd gesagt, wir würden es das Outcome bezeichnen. Patrick: Das ist die Wirksamkeit, den Outcome zu erhöhen. Patrick: Was mir da hilft als Gesamtorganisation ist natürlich, dass ich es schaffe, dass ich alle Menschen in der Organisation, in der kleinen Organisation mit vier Leuten genauso wie in einem großen Konzern mit 300.000 Leuten, dass wir uns auf diesen Veränderungswillen unserer Kunden einstellen können und das halt dem geschuldet, dass unsere Welt immer dynamischer und komplexer wird.

Patrick: auch in einer adäquaten Geschwindigkeit. Das brauche ich im Innenverhältnis. Das heißt, ich kann nicht einfach warten, wenn ich merke, da ist jetzt irgendwo ein Zeitgeist entstanden. Viele Leute wollen sich vielleicht weniger mit Fleisch ernähren, sondern eher vegan oder vegetarisch. Dann kann ich als lebensmittelproduzierendes Unternehmen, könnte ich schon natürlich jetzt die nächsten zehn Jahre noch mal abwarten, bis ich mich umstrukturiert habe, aber wahrscheinlich bin ich dann schon gar nicht mehr auf dem Markt.

Patrick: Also muss ich es in einer relativ schnellen Geschwindigkeit schaffen. Und unsere Unternehmen kommen alle aus einer Zeit oder die meisten, in der eine hohe Stabilität im Außen war. Also wo wir eigentlich alles, was wir im Unternehmen so vorfinden, das sind ja alles keine natürlichen Strukturen, sondern sind ja künstlich geschaffen. Zum Beispiel das Organigramm und Abteilungen und Teams und

Patrick: Was ich dort alles mir überlegt habe, um so eine Organisation zu strukturieren, die sind auf Stabilität ausgerichtet. So, und wenn ich jetzt aber eine Zukunft adressieren will, wo ich hin will, weil im Hier und Jetzt bin ich ja vielleicht schon gut, beziehungsweise muss da vielleicht auch noch nacharbeiten, wenn es darum geht, Prozesse zu optimieren oder Ähnliches. Aber wenn ich die Zukunft adressieren will, dann ist die sehr wahrscheinlich komplex und ich brauche eine andere Herangehensweise dort.

Patrick: Also das heißt, ich muss mir überlegen, wie schaffe ich es denn A, relativ schnell zu diesem Punkt zu kommen, möglichst mit der gesamten Organisation und muss in Kauf nehmen, das ist halt das Wesen der Komplexität und das macht sie attraktiv, wie auch, sag ich mal, ein bisschen, ja, unberechenbar zugleich. Ich weiß nicht, wie ich zu diesem zukünftigen Punkt komme. Ich kenne noch nicht mal mehr den Punkt. Also ich kann noch nicht mal sagen, genau da will ich ankommen, sondern was will ich erreichen?

Patrick: und muss mir auf dem Weg überlegen, wie kann ich denn überprüfen, also welche unternehmerischen Wetten kann ich denn eingehen und die überprüfen, um zu schauen, geht es denn für mich als Organisation in die richtige Richtung. Und da kommt automatisch das Thema iterativ und inkrementelles Arbeiten auf mich zu, Hypothesen, Validierung und, und, und, und, und. Also viele, viele Themen.

Patrick: die ich jetzt nicht einfach mal von heute auf morgen umstellen kann, zumal es ja auch keinen Umstellungsplan dafür gibt, weil Plan würde ja immer bedeuten, ich kenne die Zukunft und ich kenne sie halt noch nicht, ich weiß nicht, wie ich ihn umstellen muss. Das heißt, ich muss im Grunde genommen eine Kultur entwickeln,

Patrick: in der solche Umstellungen individuell aber auch föderativ möglich sind auf allen Ebenen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit unterschiedlichen Zielbildern, die ich dort habe. Und wenn das alles zusammenfließt, ist das im Grunde genommen der Ansatz, den wir unter OKR verstehen.

Patrick: Also genau dieses Lernen, dort hinzukommen und dort Ziele vielleicht zu finden. Je weiter sie wechseln, desto eher ist es ein Zielbild. Also kein konkretes Ziel, sondern eben eine Vision der Zukunft, vielleicht der näheren Zukunft, vielleicht für ein Jahr beispielsweise, dann vielleicht für drei Monate.

Patrick: Und was muss ich dann machen oder muss ich erreicht haben, um dort auch wirklich ankommen zu können oder zumindest zu überprüfen, ob das die richtige Richtung ist?

André: Schauen wir mal auf ein Wort nochmal, da würde ich gern nochmal einhaken. Ich hatte eben überlegt, ob ich kritische Fragen stelle. Vielleicht stelle ich die gleich auch noch. Aber ein Punkt, den ich ganz spannend finde jetzt auch in deinen Ausführungen.

Zentrale Steuerung mit OKR? Ist das ein Trugschluss?

André: Wir reden ja auch bei größeren Organisationen über eine unfassbare Fehlfältigkeit und ich sage auch jetzt mal Komplexität der Organisationen selbst, die sich nicht nur durch komplizierte Strukturen, sondern auch durch komplexe Beziehungen auszeichnet. Jetzt haben wir ja auch in einem Unternehmen so fürchterlich unterschiedliche Aufgaben. Also wirklich fürchterlich unterschiedliche, sodass ein gemeinsames Ziel

André: vielleicht gar nicht so der große Rahmen sein kann, weil jetzt die Personalabteilung gerade ein vorstellig anderes Thema hat als der IT-Support und die wiederum anderes Thema haben als die Produktentwicklung. Da hast du den Begriff Förderative … oder Förder … ja, Förderative Organisation genannt. Vielleicht dann noch mal ganz kurzer Blick drauf. Was heißt das jetzt im Kontext von OKR? Macht jeder seine eigenen Ziele?

André: Hat jeder seine eigene Geschwindigkeit, was ja vielleicht auch richtig sein kann? Was sind so deine Ideen dazu?

Patrick: Exakt genau das, weil die Grundidee, die mit dem Taylorismus gekommen ist und dann in den 60er, 70er, 80er, 90er Jahren perfektioniert wurde mit den Managementmethoden, geht davon aus, dass sich ein Unternehmen zentral steuern und führen kann.

Patrick: Und damit natürlich Wissen bündeln an Stellen, wo keine Erfahrung ist, also meistens im Management, und die Erfahrung, also direkt mit dem Kunden, an der Stelle kann wenig entschieden werden, bzw. die müssen dann teilweise mit den Ideen leben, wo die Leute schon sagen, wir wissen aber von unseren Kunden, dass das der nicht richtige Weg ist oder dass der nicht so glücklich ist.

Patrick: Und wenn ich es schaffe, die ganze Organisation, ich meine, ich habe jetzt, nehmen wir mal irgendeine Organisation, die hat von mir aus 100.000 Mitarbeitende, dann habe ich auch 100.000 Erfahrungspunkte mit verschiedensten Sachen, mit internen, aber vor allem auch mit externen Dingen, also mit Märkten, mit Mitbewerbern, mit Kunden, mit Veränderungen dort, mit Gesellschaft und Ähnlichem. Und die Idee muss sein, die alle in einen Raum zu bringen,

Patrick: um darüber zu diskutieren, wohin könnten wir gehen. Also allein bei der Vorstellung wird einem natürlich schon ganz schwindlig. Ah, gibt es keine Räume. Wenige Räume, wo 100.000 Leute reinpassen. Genau. Ja, genau. Und das funktioniert natürlich überhaupt nicht.

André: Ja, und alle diskutieren und am Ende darf nur ein Weg herauskommen.

Patrick: Also brauchen wir einen anderen Ansatz, weil das ist ja nur eine Art, das zu denken. Also wir bringen die in einen Raum und brauchen ein Ergebnis am Schluss hin zu, wie schaffen wir das denn, dass alle 100.000 am Ende einer großen Idee folgen?

Patrick: So, dann kann man an ganz vielen Stellen erst mal anfangen. Zum Beispiel wäre es schon mal extrem hilfreich, dass es eine Vision gibt der Gesamtorganisation, die extrem berührt, die mitreißend ist, die Resonanz erzeugt bei jedem, wo jeder sagt, boah, da hätte ich so Lust dazu, einen Beitrag zu leisten auf diese Vision hin. Also nur mal dieses Element.

Patrick: Und dann schauen wir in Organisationen, da steht dann so was drin, wie ich will Marktführer werden oder wir werden Marktführer im Bereich XY oder wir verdienen 100 Millionen oder Milliarden, völlig egal was da steht. Aber nichts davon berührt auch nur einen einzigen Menschen dort drin. Also ich stehe nicht auf in der Früh und sage heute als Mitarbeiter Nummer 100.000,

André: Vielen Dank für’s Zuschauen.

Patrick: trage ich meine 0,0004% dazu bei, dass der Umsatz so oder so wird oder dass wir da Marktführer werden oder so was. Sondern jeder hat ja eine eigene Identität, die er dort einbringt oder ein Teil seiner Identität, weil er etwas oder sie etwas besonders gut kann oder merkt, da kann ich wirklich unterstützen, da kann ich helfen, ich habe Ideen, ich kann vielleicht komplexe Probleme lösen. Wenn ich mit den richtigen Kollegen im richtigen Setting zusammensitze, dann leisten wir echt was Tolles.

Patrick: Also muss ich mir überlegen, wie kann ich denn eine Vision gestalten, die schon mal einen Teil dieser Suchwirkung erzeugt. Und jetzt kann man diesen Visionsgedanken von oben nach unten, also von sehr weit weg, sag ich mal, und wir arbeiten da gern mit dem unendlichen Spiel, also so ein bisschen angedockt an Simon Sinek, also eine Vision, die ungenommen unendlich gültig ist.

Patrick: Aber immer dann geändert wird, wenn wir etwas im Außen oder innen verändert bekommen müssen. Beispielsweise, wenn sich die Gesellschaft verändert, kann es sein, dass die Organisation nicht mehr, also die Division nicht mehr passt der Organisation. Oder wenn Corona kommt, dann können wir nicht einfach sagen, wir machen so weiter wie bisher, sondern dann müssen wir erstmal andere Aufgaben erledigen in der Organisation.

Patrick: Und dann, was heißt denn das für ein Jahr zum Beispiel, wenn wir diese Vision ein bisschen schärfer machen, aber nur leicht schärfer, nicht im Projekt hinschreiben, nicht ein Ziel hinschreiben im Sinne von, dann haben wir genau das geschafft, sondern wie sieht so ein visionäres Zielbild, das alle erreichen kann, für ein Jahr aus und dann plötzlich schwenken wir in eine Landesgesellschaft nach Deutschland und dann dort in eine Abteilung und können das

André: Copyright WDR 2021

Patrick: Im Grunde genommen jetzt genauso machen, indem wir dort dann plötzlich in einem Team sitzen und sagen, OKRy, wir als Team, zum Beispiel, weil du es gerade gesagt hast, im Bereich Human Resources oder besser Personal vielleicht,

Patrick: Was heißt denn das für uns? Wie würden wir unsere Zukunft sehen für die nächsten drei Monate, wenn wir die Zukunft von Personal für ein Jahr sehen, das vielleicht auf anderer Ebene erstellt worden ist als Zielbild?

Patrick: oder natürlich das Jahreszielbild für die ganze Organisation und die Vision. Und dann kommen mir Ideen automatisch. Wir sitzen zusammen, wir sind vielleicht 20 Leute oder 15 und sagen, da hätte ich eine ganz tolle Idee und der nächste hat auch eine Idee. Und dann versuchen wir dort, ein Zielbild für uns hinzukriegen, für die drei Monate und überlegen uns, was könnten denn Key Results dafür sein, damit wir

Patrick: mehr oder weniger auch quantifizierbar machen können, nicht mehr oder weniger, sondern wir unterlegen das mit Zahlen, um zu sagen, wie oder wann ist denn die Hypothese als geglückt für uns abgespeichert? Also was müsste passieren, damit wir sagen können, diese Hypothese, weil wir kennen die Zukunft nicht, wir wissen es nicht, aber wo haben wir denn ein gutes Gefühl, dass es in die richtige Richtung geht?

Patrick: Und das Ganze geht natürlich wieder nach oben, aber halt nicht so, wie man sich’s vorstellt, dass jeder jetzt jedes Zielbild sozusagen anschaut von jedem Team. Das wären ja bei 100.000 Leuten, sind es sicherlich 10.000 Teams, so was um den Dreh rum. Das würde viel zu viel Zeit kosten, sondern ich weiß doch als Personal, als Teampersonal, oder es muss noch nicht mal ein Team sein, das in der Hierarchie ist, sondern es kann ja auch ein Themen-Team sein, die sich um das Thema

Patrick: Künstliche Intelligenz kümmern oder Digitalisierung oder was auch immer, was sogar vielleicht noch geglückter ist. Also da kann man über den Teamschnitt noch reden.

Patrick: Aber die wissen ganz genau, mit wem sie oft zusammenarbeiten, wer ihre Kunden sind, extern wie intern. Und jeder weiß eigentlich, mit wem er reden muss, um sich zum Beispiel abzugleichen, welche Ziele denn vielleicht ähnlich sind oder in Konkurrenz stehen. Also wo wir vielleicht Konflikte haben, die wir erst mal lösen sollten oder wo wir Synergien nutzen können oder ähnliches. Wir würden das als Alignment bezeichnen.

André: Untertitel im Auftrag des ZDF, 2021

Patrick: Und es ist auch wieder individuell. Manche mögen lieber eine Veranstaltung haben, wo sie es asynchron machen beispielsweise, wo jemand das Zielbild veröffentlicht und dann im Intranet und die anderen können einfach drauf schauen eine gewisse Zeit lang. Die anderen finden Videoformat vielleicht ein bisschen besser, vielleicht auch in einer Organisation verschiedene Formate. Das muss möglich sein. Also es braucht dort sehr viel Individualität, weil was uns vereint ist, dass wir Organisationen haben und dass da

Patrick: in jeder Organisation irgendwie Menschen arbeiten, aber das war es dann auch schon mit der Gemeinsamkeit. Also was sie brauchen, muss immer individuell sein, muss auch versuchen, auch wirklich alle zu adressieren, um dort rauszufinden, auch erst mal gemeinsam rauszufinden, was hilft uns denn?

André: Jetzt beschreibst du ja eine Organisationsveränderung. Wenn ich jetzt OKR als Veränderungsinstrument mal betrachte, das einen sehr starken Fokus auf intrinsische Motivation setzt. Ich hatte gerade das Bild von der 100.000-Mann-Organisation. Die Teams sehr gut wissen, was ihre internen Kunden sind, also wo auch die Werteströme sind, wo die ansprechbar sind, das alles selbst organisieren. André: Und dann gibt es den Blick mit dem Tool. Ich versuche das jetzt in ein Tool zu gießen und dann…

André: bricht aus meiner Sicht schon mit dem Tool. Haben wir hier schon einen kleinen Medien- oder Systembruch, weil die Tools haben dieses Fluente, selbstorganisieren gar nicht so gerne. Die wollen ja irgendwie, dass ich das datentechnisch abbilde. Also das ist jetzt gerade ein Gedanke, der mir gerade durch den Kopf schießt, dass das möglicherweise eine Herausforderung ist, weil große Organisationen arbeiten gerne mit Werkzeugen.

André: Auf der anderen Seite mal zu dem Thema intrinsische Motivation. Du hast ganz zu Beginn gesagt, es gibt einen Grund, warum das funktioniert und was nicht. Ich gehe mal provOKRnt rein und sage, Patrick, ja, eine Vision ist sicher hilfreich. Aber am Ende des Tages haben die Leute ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Und wir werden auch immer Menschen haben, die sagen,

Was könnten Anreize für selbstorganisierte Arbeit an gemeinsamen Zielen sein?

André: Ich finde, kann mit der Vision erst mal nichts anfangen. Ich habe ganz andere Gründe, warum ich mich hier wohlfühle, weil ich gerne mit meinem Chef arbeite, weil ich nette Kollegen habe, weil ich hier gute Arbeitsmodalitäten finde, weil ich eine gute Situation habe, um mit meinen Kindern umzugehen. Deswegen würde ich tatsächlich sagen, eine Unternehmensvision, bei allem Respekt vor Simon Sinek, der das wirklich toll verkörpert und darstellt, wäre es für mich, ein Element. Vielleicht gibt die Systemtheorie auch nochmal, weil das ja heute ein bisschen unsere Klammer ist oder deine Sicht auf das Thema. Was könnten denn noch Anreize sein, dass diese selbst organisierte Arbeit an gemeinsamen Zielen tatsächlich auch gelingt? Vor dem Hintergrund eines ultraharten Tagesgeschäfts, was sich in vielen Unternehmen auch sie. Aber du kannst auch sagen André Quatsch. Wenn die Vision richtig geschmiedet ist, dann passiert vieles von alleine.

Patrick: Also von alleine passiert es natürlich nicht. Also es gibt so ein paar zentrale Sätze, die man sich irgendwann mal abspeichert, wenn man sich mit Systemtheorie beschäftigt und vielleicht auch an anderer Stelle, wo man es gar nicht weiß, dass es Systemtheorie ist, damit konfrontiert wird. Aber sie erklärt zumindest, warum das so ist. Und das ist zum Beispiel Kultur folgt der Struktur.

Patrick: Also sie folgt explizit nicht Menschen, sondern der Struktur. Und jetzt kann man sich natürlich mal überlegen, also der Grundgedanke dahinter ist, dass strukturelle Elemente meinen oder eine Kommunikation steuern in einer Organisation oder zumindest die Grundstruktur für Kommunikation bilden.

Patrick: Und andersrum wird sogar erst recht ein Schot raus, dass bestimmte Strukturen, bestimmte Kulturmuster oder Kommunikationsmuster, fangen wir erstmal so an, verhindern. Und zum Beispiel kann eine Struktur sein, ein Vier-Augen-Prinzip.

Patrick: Das ist eine Struktur, da hat sich irgendjemand überlegt, pass mal auf, vielleicht ein Teamleiter, ihr macht ganz tolle Sachen hier im Team, aber ich will, bevor ihr irgendwas rausschickt oder veröffentlicht oder live stellt oder was auch immer, will ich nochmal drüber schauen, weil ich habe schließlich die Verantwortung.

Patrick: Und dann weiß man, wenn man sich da ein bisschen damit beschäftigt, dass die Verantwortung niemals, wenn ich diese Struktur so beibehalte, niemals auf die einzelnen Menschen übergeht oder beziehungsweise sie nehmen sie sich nicht, weil ja, jemand noch in letzter Instanz sagt ja oder nein. Das ist einfach jetzt mal ein Faktor, lässt sich auch psychologisch erklären, aber vor allem auch soziologisch an der Stelle. Und jetzt muss man sich überlegen, wann Patrick: würden denn Menschen zum Beispiel besonders gut sein im Lösen von komplexen Aufgaben. Und das ist zwar ein anderes Feld, aber das wird dann wieder zusammengeführt. Man stellt fest, wenn eben zum Beispiel diese drei Faktoren möglichst stark ausgeprägt sind, also eine hohe Autonomie,

Patrick: eine hohe Selbstverwirklichung. Also Selbstverwirklichung im Sinne dessen, dass ich immer besser werden will. Das ist angelegt in uns Menschen. Also wir haben schon so einen Hang zu etwas zu lernen und das zu perfektionieren, sagt Daniel Pink. Perfektionierung, ich finde es ein bisschen ein schlechtes Wort. Also zumindest bei uns ist es ein bisschen schlecht geprägt. Aber wir haben das drin.

Patrick: Und den Purpose. Also ich will irgendwie für mich zumindest verstehen, warum mache ich das jetzt gerade, was ich mache. Und diese drei Elemente geben oder bilden so die Grundpfeiler der intrinsischen Motivation. Und die können nur aus mir selbst kommen.

Patrick: Also die kann ich nicht von außen, ich kann da Geld versprechen, ich kann da Incentives versprechen, dann kriege ich aber eine andere Art der Motivation, die extrinsische. Nur die ist, mit der extrinsischen Motivation bin ich nicht in der Lage, wirklich kreative, komplexe Aufgaben zu lösen. Das ist für komplizierte Aufgaben sehr gut geeignet oder einfache Aufgaben sowieso.

Patrick: Aber nicht, wenn es darum geht, da gibt es zig Studien und interessanterweise noch keine Gegenstudie, die belegt, dass sobald ich dort einen Druck ausübe, im Sinne von zeitlich, du musst das jetzt wirklich auch schaffen oder du kriegst eine Bestrafung oder du kriegst eine Belohnung oder was auch immer, sinkt das Arbeitsergebnis in den Keller runter.

Patrick: Also muss ich mir als Organisation überlegen, wenn ich das will, wenn ich so eine Lösungsfähigkeit für komplexe Probleme will und es wäre zumindest fahrlässig daran, das nicht haben zu wollen, weil ja eben auch unsere Wirtschaft dementsprechend funktioniert.

Patrick: Also muss ich schauen, wie kann ich diese drei Faktoren zumindest maximieren oder da alles dafür tun, dass sie entstehen können. So ein bisschen wie ein Blumenbeet, also ich muss Wasser drauf geben, ich muss schauen, dass die Sonne drauf scheint und vielleicht dünge ich auch mal ein bisschen, obwohl das jetzt nicht die extrinsische Motivation ist, weil sie schubst ja den Sonnenblumenkern nicht aus der Schale raus, aber sie schafft vielleicht den ein oder anderen

Patrick: Schädling weg. Ich weiß nicht, ob das Bild funktioniert, aber zumindest, dass dort eine Umgebung ist, wo z.B. psychologische Sicherheit existiert und ähnliches. Dann kann intrinsische Motivation entstehen und dann wird auch plötzlich der Purpose richtig wichtig, weil während es keinen Purpose der Organisation geben kann, weil eine Organisation selber, egal ob ich es jetzt als soziales System sehe oder als Maschine sehe, wie es das alte Bild war, mit Elementen drin, also mit

Patrick: mit Menschen und Maschinen und Ähnlichem. Immer dann, wenn ich selber als Mensch dort arbeite und gerade in den Bereichen arbeite, in denen ich komplexe Aufgaben löse, entwickle ich Resonanz eben auch zum Purpose. Und wenn der Purpose da ist und damit, also wir sagen sogar Vision and Purpose, also der Purpose, der sozusagen mich bewegt dazu, nicht nur wo komme ich her, sondern wo will ich auch hin,

Patrick: dann spielt es auch für denjenigen eine Rolle, der vielleicht dort in der Organisation einfach nur gerne mit dem Chef zusammenarbeiten möchte, weil das will er sicherlich, also wir Menschen sind soziale Wesen, aber nur aus sozialen Gründen mache ich es ja nicht. Also ich muss mir eher anschauen, jetzt sind wir wieder bei Kultur, folgt der Struktur, welche Strukturen verhindern denn heute, dass ich überhaupt eine Bindung zu einer Vision, zu einem Purpose aufbauen will oder kann?

Patrick: Und da gibt es viele Gründe, warum es nicht funktioniert. Also zum Beispiel ist ja so diese alte, ja fast schon Floskel, aber sie ist so wichtig wie nie zuvor, so put the money off the table. Solange ich mir den ganzen Tag eigentlich Gedanken machen muss, schaffe ich es überhaupt meine Familie zu ernähren oder meine Wohnung zu bezahlen oder ähnliches, werde ich auch nie intrinsisch motiviert sein können, beziehungsweise schon gar nicht kreativ sein können.

Patrick: Also solche Sachen müssen erst mal vom Tisch stimmen und auch die Konflikte, die ich vielleicht habe mit Menschen in Organisationen, die vielleicht narzisstische Züge tragen oder was auch immer, Stress mit Kollegen, der eher unter den Teppich gekehrt wird, als dass er wirklich gelöst wird und Ähnliches halten mich davon ab. Und wenn ich schaffe, dieses Umfeld zu bereinigen gemeinsam, dass man sagt, lass uns doch eine vertrauensvolle gemeinsame

Patrick: Arbeitsumgebung schaffen, wo wir einander vertrauen und damit auch die Möglichkeit schaffen, eben auch in diese Art des Denkens einzusteigen. Da wird Vision und Purpose eine Riesenrolle spielen und signifikant auf die Ergebnisse einzahlen, also die dann als Idee von mir kommen, als einzelnes Teammitglied zum Beispiel.

André: Ich würde gerne vielleicht auch ein bisschen mit Blick auf die Zeit, wir sind schon 40 Minuten dabei, gerne nochmal die Zeit rennt, weil das Thema so umfassend ist, da nochmal ein Blick drauf werfen wollen. Du sagst ja,.

André: Motivation kann, also wahre Motivation kann eigentlich nur intrinsische Motivation sein, also habe ich dich verstanden. Die ist in uns angelegt, braucht aber ein Umfeld, damit sie gedeihen kann.

André: Und ich kann mir das sehr gut vorstellen bei den kleinen Teams. Und jetzt ist die Frage, vielleicht schauen wir erst mal auf kleinere Strukturen, wer ist denn, jetzt bin ich doch wieder bei Menschen, wer schafft denn dieses Umfeld?

André: ist das nicht eine Führungsaufgabe und eigentlich kann es dann auch wieder keine Führungsaufgabe sein, weil es Unternehmen gibt, deren Strukturen das gar nicht zulässt, dass Führungskräfte diese Wirksamkeit entfalten. Aber wo kommt denn das jetzt her? Die Autonomie, die Möglichkeit der Selbstverwirklichung, das Schaffen einer Vision, die vielleicht jetzt mal auch für ein Team

André: richtig greifbar ist. Also nicht nur auf der Ebene des Konzerns, sondern jetzt mal ganz konkret bei uns hier vor Ort an der Stelle, wo ich gerade arbeite, die mir hilft sozusagen auch ein Stück weit Bindekraft zu entfalten. Wo kommt das her? Wer macht das?

Patrick: Also dafür oder die Möglichkeiten zu schaffen, das ist natürlich Führung, zwangsläufig, weil es nicht zwingend die Führungskräfte, aber zumindest die Führung. Und sie wird natürlich erst mal gestartet durch die Führungskräfte, die erst mal die Macht, also die Legitimation der Macht haben.

Patrick: Und ganz oben bei einer Organisation hätte niemand diese Organisation gegründet, gäbe sie gar nicht. Und dann gibt es dort jemanden und dann gibt es da Führungskräfte in der vielleicht ersten Ebene. Und dann sind wir irgendwann mal beim Team und dann haben wir vielleicht dort einen Teamleiter oder eine Teamleiterin.

Patrick: Und die oder der darf natürlich erkennen, dass es dort helfen könnte, wenn das Team eine gemeinsame Vision hat. Das haben wir zum Beispiel auch gerade bei OKR-Projekten ganz oft.

Patrick: dass es auf der obersten Ebene etwas gibt, was austauschbar ist, was nicht negierbar ist zum Beispiel. Das sind ja so paar Sachen. Wer will denn schon nicht Marktführer werden? Also das Gegenteil von Marktführer wäre Letzter in einem Ranking oder sowas. Deswegen ist sie selten.

André: ein großes Digital-Unternehmen, das absolut nicht diesen Anspruch hat, tatsächlich. Ich meine, es wäre sogar so, das war lange Zeit das Credo von Apple, Marktführer zu werden, sondern Premium-Anbieter. Es ist nicht so, dass sie Massenmarkt nicht haben wollen, wollen sie auch haben.

André: Aber noch ein Stück weiter vor stand nochmal eine andere Frage. Es ging tatsächlich nicht um Marktführerschaft, sondern um, ja, obwohl am Ende rede ich Quatsch. In Ihrem Segment wollen Sie natürlich schon Marktführer werden, im Premiummarkt der bestimmten Preiskategorie. Das stimmt schon.

Patrick: Wie gesagt, der Wunsch ist ja nicht schlecht, der ist ja nicht verkehrt, um Gottes Willen. Nur er treibt die Leute halt nicht an oder was heißt antreiben, klingt wieder so wie Peitsche im Sinne von… Genau. Exakt.

André: Er hilft auch nicht. Was heißt das denn jetzt, Marktführer? Aus meiner Sicht ergibt sich daraus nicht eine klare Idee, was jetzt anders gemacht werden soll als vorher. Das ist ja das Problem dabei. Klingt total plausibel, aber höher, schneller, weiter ist ja nicht die Antwort oder der Schlüssel zur Marktführerschaft.

Patrick: Überhaupt nicht. Genau. Und dann, also zum Beispiel bei einem großen Unternehmen, die haben, glaube ich, 8000 Leute gehabt, da hat es mit der Vision einfach gar nicht geklappt. Und dann haben wir uns hingesetzt und haben gesagt, wie wäre es denn, wenn wir eine Vision für unser Team entwickeln?

André: Ja. Ja. Ja.

Patrick: Und da war natürlich in der Arbeitsweise schon mal ein Unterschied, weil wir gesagt haben, damit das funktioniert, darf es aber erstmal keinen Unterschied machen, ob jemand Teamleiter ist oder nicht. Wir haben 20 Leute plus Teamleitung, sind 21 Menschen, die sich jetzt gemeinsam eine Vision überlegen und auch 21 Menschen, die hinter dieser Vision stehen.

Patrick: und nicht 20 plus 1. Und das war so der erste Schritt dort, auch die Machtverhältnisse erstmal nur in dem kleinen Bereich, da ist keiner, hat keiner eine Stelle verloren, ist keiner degradiert worden, darum geht es ja erstmal gar nicht, sondern erstmal nur, wollen wir das gemeinsam machen und wollen wir das mittragen. Da hat natürlich Führung einen anderen Blick drauf, muss dort auch ein bisschen loslassen können und gleichzeitig aber auch die anderen

Patrick: kriegen ja dann auch eine gewisse Art von Verantwortung, weil sie nicht mehr warten aufs Ergebnis im Sinne von unsere Teamleitung schickt uns morgen die Vision, die sie hat, sondern wir machen gemeinsam eine. Und jetzt wird irgendwie von uns allen aber auch gefordert, dass wir zu dem stehen, was wir uns gemeinsam überlegt haben. Wenn wir es nicht tun, dann müssen wir uns überlegen, woran hat es gelegen und wie können wir es besser machen. Aber das ist dann eben auch so ein Teil des Föderativen.

Patrick: Und dann kann man mit diesem Startpunkt auch wunderbar erst mal starten und man wird dann merken, wie, dann kam eine zweite Abteilung dazu und eine dritte und plötzlich hat so der ganze Bereich gesagt, da macht es dann nicht Sinn, dass wir so eine Art Bereichsvision machen, wenn wir da so viele Abteilungen drunter haben. Und mittlerweile nach, glaube ich, drei Jahren Arbeit ist es ganz oben angekommen und die oberste Spitze hat dann gesagt, lass uns doch mal eine Unternehmensvision überarbeiten, die dann funktioniert.

André: Schönes Beispiel. Ja.

Patrick: Und das ist auch ein wichtiger Begriff in der Systemtheorie. Und wenn man drüber nachdenkt, wird man auch feststellen, dass es daran oft hapert, und zwar Kommunikation muss immer anschlussfähig sein, damit sie sich weiter entwickeln kann. Also autopoetisch heißt es dann in der Systemtheorie, im Grunde genommen von sich selbst oder aus sich selbst heraus neu erschaffen können.

Patrick: Und da braucht man natürlich auch einen anderen Kommunikationsbegriff, also nicht so ich schicke irgendwas rüber zu irgendwelchen Leuten und selbst wenn ich es an alle schicke und das war dann Kommunikation, sondern erst wenn diese Menschen auch sozusagen die Kommunikation am Leben erhalten, also über die Menschen wird dann das kommunikative System befeuert, dann merkt man, dass dies wirklich anschlussfähig spricht. Man spricht über die Vision, man spricht über die Strategie und nicht nur einmal im Jahr oder einmal alle fünf Jahre.

Patrick: sondern eigentlich täglich mehr oder weniger. Was hat denn das heute mit uns zu tun? Was können wir heute dazu beitragen, um das ein Stück wirklicher zu machen in der Zukunft? Und daran merken wir eben allein an dem, wie drüber geredet wird und was geredet wird, ob überhaupt eine anschlussfähige Kommunikation stattgefunden hat.

André: So ein schönes Bild mit der anschlussfähigen Kommunikation. Ich habe immer noch im geistigen Ohr das nach Luhmann. Ich weiß gar nicht, ob das überhaupt von Luhmann ist. Kommunikation erst stattfindet, wenn der Empfänger diese Kommunikation aufgenommen hat. Das ist ja auch ein großer Irrtum, was du ja auch gerade sagst, dass allein der Versand oder das Aussenden von Informationen, dass das bereits Kommunikation ist,

André: Nein, ist sie halt nicht, sondern der Empfänger entscheidet darüber. Und genau diese Anschlussfähigkeit entsteht genau dann, wenn man drüber spricht und wenn das etwas bewegt.

André: Und mir gefällt dieses Beispiel sehr gut, wo du sagst, eigentlich hat sich das sozusagen von unten, vielleicht nicht von unten, vielleicht kann man sogar sagen, von innen heraus entwickelt über die Teams, über die Bereiche dann hin zum Unternehmen. Und so ist eigentlich erst möglich, war auch anschlussfähig, eine Vision zu entwickeln, die von oben heraus gar nicht entwickelt werden könnte vielleicht auch, weil einfach da

André: der Abstand einfach zu groß ist zwischen dem, was ich auf einer Unternehmensspitze sehe und dem, was vielleicht ein Team erlebt und empfindet.

André: Schönes Beispiel, ich selbst bin ja durch Malik geprägt, Malik, den großen Führungsexperten aus der Schweiz, der mir aber insofern gefällt, dass er eben sagt, ich sorge als Führungskraft, dass gewisse Dinge passieren, ich muss sie nicht machen, ich muss sie nicht befehlen, ich muss sie nicht entscheiden, sondern ich muss dafür sorgen,

André: dass Entscheidungen entstehen und vielleicht, um in dem Bild zu sein, ich sorge dafür, dass anschlussfähige Visionen entstehen. Ich muss sie aber nicht selbst vorgeben. Das ist eben etwas, was ich von Malik mitgenommen habe und das mir persönlich auch gut gefällt. Dieses Bild der Führungskraft, die dafür sorgt, dass Dinge da sind und nicht immer zwingend glaubt, sie selbst erarbeiten und vorgeben zu müssen.

Patrick: Exakt, ja genau.

André: Ja. Patrick, vielleicht ganz kurz, weil mich das so interessiert, auch wenn 50 Minuten vergangen sind. Du bist, gehörst oder ihr beide, Christian, Jakobs und du gehören ja zu den Leuten, die hier in Deutschland sich sehr lange mit OKR beschäftigen. Mittlerweile sind es ja relativ viele, auch durch eure Arbeit.

André: Aber eine ganz wichtige Aussage von dir ist ja auch, dass sich das System auch bei euch immer weiterentwickelt hat. Euer OKR, wie ihr es heute seht, sieht sicher anders aus als noch vor zehn Jahren erdacht worden ist. Nicht in allen Punkten, aber in bestimmten Blickweisen. Die Zukunft von OKR aus der systemischen Brille, was siehst du?

André: als mögliche Weiterentwicklung oder, man kann auch ganz platt sagen, was gibt es an Baustellen oder an Themen, die dich im Umfeld von OKR interessiert? Also Zukunft von OKR, Patrick. Wo emergiert das ganze Ding denn eigentlich möglicherweise hin? Ich will keine Features haben.

Patrick: Die neuen Features der nächsten Version.

Patrick: Nein, nein, um Gottes Willen. Ich glaube, dass das große, große Thema ist auch ein Missverständnis, das uns auch immer klarer geworden ist im Laufe der Jahre. Und je klarer wir es sehen, desto mehr merken wir auch, dass das enorm wichtig ist. Man hat OKR eigentlich von Anfang an und vor allem ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Google-Videos immer als strategy execution tool gesehen.

Patrick: Also das heißt, ich habe irgendeine Strategie, wie auch immer die zustande gekommen ist und da gibt es Strategieberatungen, die stecken da ganz viel Zeit und Geld rein und dann ist hochglanz 40 Seiten, wir haben schon 120 Seiten gehabt. Da war eigentlich schon im Grunde genommen alles drin und jetzt ging es darum, dass das ja umgesetzt werden muss und auf herkömmlichen Wegen hat man es nicht geschafft und jetzt soll OKR das hinkriegen. Aber ich glaube, die Denkfalle liegt schon davor.

Patrick: Wenn ich wirklich eine Zukunft gestalten will, die immer dynamischer wird und immer komplexer wird, dann kann ich keine Strategie singulär an einer Position im Unternehmen erarbeiten und mehr oder weniger vorgeben und dann nur noch ausführen, sondern ich muss Strategiearbeit wirklich dort als das verstehen, was OKR ist.

Patrick: Also auch die Entwicklung der Strategie auf den verschiedenen Ebenen. Natürlich wird ein Oberer Führungskreis ganz anders aufs Unternehmen schauen, wie eine Personalabteilung oder ein Vertrieb. Aber die Entwicklung, die Umsetzung und auch die Validierung der Strategie, weil auch da weiß ich ja nicht, ob der Fünfjahresplan ja wirklich funktioniert, beziehungsweise er wird hundertprozentig nicht funktionieren, sondern ich brauch da eine gewisse Unschärfe rein und ich brauch die ganze Organisation dafür.

Patrick: Also das heißt, ich muss es schaffen, dass ich auch sozusagen den ganzen Prozess dort wirklich mit diesen systemischen und föderativ, inkrementell, iterativ, Hypothesen validiert und so weiter bearbeite und eben nicht nur die Umsetzung.

Patrick: Es verlangt von der Organisation viel ab, weil das ist einer der heiligen Prozesse, der nicht angerührt wird erstmal, aber man merkt, wenn man mal zumindest erste Experimente macht in vielleicht kleineren Abteilungen, wie wirksam das sein kann und wie wirksam dann auch die Strategie sein kann, die sich daraus entwickelt.

Patrick: Und das ist, glaube ich, ein großes Thema. Und damit einhergehen, und eigentlich geht das so ein bisschen Hand in Hand, wäre dann die Idee, wie gehe ich denn mit OKR in wirklich großen Umgebungen um? Also man könnte es jetzt als Enterprise OKR bezeichnen, ohne jetzt da einen bürokratischen Aufwand draufzusetzen, also dass ich Routinen

Patrick: über Routinen dort reingebe in die Organisationen und Abläufe und so weiter und das dann zu pflaster mit irgendwelchen Meetings, nur damit ich allen Parteien gerecht werde. Also wie schaffe ich es sozusagen, die verschiedenen Inseln, die entstanden worden sind, wo zum Beispiel Gerhard Wohlan sagt ja zum Beispiel an anderer Stelle Inseln der Höchstleister dazu, also dass Organisationen nur deswegen überleben, weil es diese Inseln gibt und diese Inseln

Patrick: zu verbinden und zu sagen, hey, da drüben ist auch noch eine Insel und hier können wir eine Brücke bauen und da können wir vielleicht ein bisschen näher an die heranrücken. Das muss so ein bisschen unter dem Schlagwort, würde ich es mal bezeichnen, ein Enterprise-OKR laufen. Wie organisiere ich mich denn in großen Organisationen, damit ich da das Beste oder das Meiste aus OKR dann auch wirklich für die Gesamtorganisation rausziehen kann.

André: Das ist ein großes Thema, vielleicht auch etwas für einen weiteren Podcast, Patrick. Aber dazu habe ich gerne, dazu trotzdem nochmal ein paar Bilder, ohne dass ich das fast groß aufmachen möchte. Das erste Bild ist, was ich in großen Organisationen gesehen habe an Strategiearbeit.

André: war leider oft, ich sag das jetzt einfach, Keck-Blueprint-Strategie, das heißt, war so ein großes Beratungshaus, kam rein, einer der großen vier, und hat dort eine sehr umfassende Strategie, Analyse und Arbeit gemacht, die aber am Ende

André: sich auf drei oder vier oder fünf Blaupausen zurücklegen kann. Und in diesen Strategien ist ganz oft eben alles vorgegeben. Die Maßnahmen, die Dinge, die getan werden müssen. Und dann ist das Problem die Operationalisierung. Aber eigentlich ist schon alles vorgedacht und wie du schon sagst,

Patrick: Hm. Exakt.

André: Erste Frage, ist die Blaupause wirklich passend? Und die zweite Frage ist, wenn ich schon alles vorgedacht habe, dann hilft OKR ja überhaupt nicht. Also es funktioniert mit OKR nicht, wenn alles vorgedacht ist, weil ja OKR gerade selbst sagt, wir können gar nicht alles vordenken. Also diese Widersprüche kommen dann einfach auch hervor. Der zweite Punkt ist, um trotzdem eine Lanze für Strategiearbeit zu legen. Strategische Arbeit ist auch etwas, was

André: vielleicht doch auch ein bisschen Zeit braucht. Also wenn ich wirklich darüber nachdenken möchte, was ist jetzt wirklich die Herausforderung, die wahre Herausforderung hinter der Herausforderung? Was sind unsere Hypothesen, wie wir dieser Herausforderung begegnen können?

André: dann brauche ich tatsächlich, dann ist das auch etwas, was ich nicht nebenbei mache, sondern dann muss ich tatsächlich da auch, glaube ich, investieren und dann eben diesen Hypothesen auch wiederum Raum geben, damit ich eben sehen kann, wirken die oder wirken die nicht. Und insofern sage ich vielleicht, das ist aber jetzt meine Sicht, Strategiearbeit ja,

Wo beginnt und endet die Strategiearbeit mit OKR?

André: Aber die OKRs sind in dieser Gemengelage, also wenn ich jetzt über Enterprise-OKR rede, sind die halt nur ein kleiner Teil des großen Ganzen, der dahinter ist. Und ich muss ja bei Strategiearbeit auch über unangenehme Strategien nachdenken, wo ich keinen Applaus mehr herbeihole. Das gehört halt auch zur Strategie dazu, also Dinge zu tun,

Patrick: Ich bin sehr froh, dass Sie hier sind. Ich freue mich, dass Sie hier sind.

André: Wo nicht alle sagen, kann ich mitleben. Diese Veränderungen, die jetzt durchgeführt werden müssen.

André: Jetzt mal ganz unverfänglich 40 Jahre in die Vergangenheit zurückgeblickt, um jetzt kein aktuelles Beispiel zu nehmen, wie das der Deutschen Bahn, der Andy Groove, der OKR auch ein bisschen mitgeprägt hat, ehemaliger Chef von Intel, hat ja zweimal das gesamte Geschäftsmodell umgekrempelt, um den Laden am Laufen zu halten.

André: Das ist heute so ein bisschen in Vergessenheit geraten. Aber er hat das in einem Buch sehr schön beschrieben und da war keine Begeisterung dabei, das zu tun, weil einfach sehr viel Arbeit sich komplett geändert hat oder einige Arbeit gab es schlichtweg nicht mehr. Und auch das ist Strategiearbeit, die da zugehört. Und da bin ich ein Stück weit

André: Gehöre ich zu den Leuten, die sagen, ja, ich muss diese Strategiearbeit auch mit betrachten, aber sie ist eben auch ernst zu nehmen. Also das ist schon etwas, was ich nicht mal eben in einem OKR-Planning löse oder auch nicht in einem Moll-Planning. Echte Strategiearbeit. Aber du kannst mich auch zerrupfen, Patrick, jetzt.

Patrick: Ja, definitiv nicht.

Patrick: Nö, also wir haben eine leicht andere Unterscheidung vielleicht oder beziehungsweise eine Differenzierung, dass wir sagen, wenn wir, also wir müssen uns immer überlegen, was will ich oder was muss ich komplex denken und was will oder muss ich kompliziert denken? Also wo gibt es eine Ursache Wirkung? Wenn ich jetzt sage, ich will zum Beispiel, nehmen wir mal an und so werden sie es nicht machen, aber nehmen wir mal an, BMW erkennt irgendwann mal, dass der Verbrenner ausstirbt.

Patrick: Und muss den kompletten Konzern so umgestalten, dass keine Leute mehr dort sind, die irgendwie an Verbrennermotoren arbeiten in irgendeiner Weise und nur noch Elektromobilität. Darf das neue Thema sein. Dann kann es eine Entscheidung geben, zum Beispiel zu sagen, pass auf, wir legen bestimmte Abteilungen zusammen, bestimmte Standorte, wir bauen die Fertigungsstraßen um.

Patrick: Wir entlassen Leute und Ähnliches. Das würde ich aber nicht als komplexe Strategiearbeit bezeichnen, sondern als komplizierte sozusagen, weil ich kenne das Ziel ja schon, zumindest so ungefähr. Ich weiß, was ich erreichen möchte und brauche dann einen Plan und entsprechend Leute, die das umsetzen. Und dafür muss ich mich auch erst mal beschäftigen natürlich damit. Wie machen das andere? Wie wird der Markt sich entwickeln? Was sind unsere Stärkenschwächen und was man dort alles an Strategietools reinwerfen kann?

Patrick: Definitiv, weil ich dort im Grunde genommen Wissen entweder habe oder vorwegnehme. Also das, was die großen Unternehmensberatungen ja machen, im Kern so ganz simpel gesagt ist ja, sie haben Wissen gebündelt über die Jahrzehnte und vor allem Benchmarks gemacht, wie andere Unternehmen agieren und versuchen dieses Wissen auf das neue Unternehmen anzuwenden.

Patrick: Und im Komplexen, wenn man es strikt trennen würde und jeder Sachverhalt hat ja beide Seiten, das heißt wir müssen uns wirklich auch genau anschauen, welche Seite der Medaille ist denn wirklich jetzt komplex und welche ist kompliziert, dann bin ich in einem Bereich, wo ich noch gar kein bisschen haben kann.

Patrick: Und dann ist Strategiearbeit zwar auch nicht, natürlich nicht nur ein Planning, definitiv nicht. Ich brauche schon Vorbereitung dafür, zumindest um auf bestimmte Gedanken zu kommen, auf die ich sonst nicht kommen würde in einem vielleicht vier Stunden oder acht Stunden Planning. Aber ich muss immer davon ausgehen, dass mir das Wissen dazu fehlt, eine richtige Antwort zu finden. Ich kann mir nur überlegen, in welche Richtung sollten wir gehen? Woran glauben wir? Was ist die die unternehmerische Wette?

Patrick: Und wir müssen natürlich auch den Schaden begrenzen. Das heißt, wir sollten den so klein wie möglich halten, um rauszufinden, stößt das auf Resonanz jetzt weniger, sage ich mal, bei den Mitarbeitern im Unternehmen. Das ist natürlich eine ganz andere Perspektive. Aber wenn ich zum Beispiel ein Auto bauen würde, das ganz fortschrittlich und ganz neu ist und habe da sieben Jahre Entwicklungszyklus und vielleicht zwei Milliarden Euro reingesteckt und bringe das dann auf den Markt und keiner kauft, dann ist der Schaden natürlich immens.

Patrick: Das heißt, ich muss viel früher in das Outcome denken, in das werteorientierte Denken gehen und mir ganz zu frühem Zeitpunkt noch vor der Konzeptionsphase im Grunde genommen überlegen, was will denn überhaupt mein Umfeld. Und das ist eine andere Art. Ja.

André: Das komme ich jetzt auf dumme Gedanken bei deinen Ausführungen, Patrick, weil mein dummer Gedanke ist jetzt gerade, wenn ich zu lange warte mit dem Thema Komplexität und das Problem so groß geworden ist, dass es kompliziert ist, also mit einer Radikalcool zu lösen ist,

André: dann ist es vielleicht genauso. Also erstmal, um den Gedanken auszuführen, finde ich es gut, dass du sagst, ich unterscheide zwischen den komplexen Anteilen der strategischen Arbeit und hier kann OKR helfen und den komplizierten Anteilen. Hier helfen manchmal klassische betriebswirtschaftliche Instrumente, um das mal zu verkürzen.

Patrick: Genau.

André: Mein Gedanke sind gerade die beiden Unternehmen Lego und Tesla. Tesla gerade schlecht angesehen in Deutschland, wird demonstriert, aber dennoch. Beide aus meiner Sicht, jetzt mal völlig wertfrei von den handelnden Figuren, sind Meister in der Komplexität. Also Tesla hat hoch innovativ Immobilität weiterentwickelt in der Fertigung, in der Software, im Design der Fahrzeuge etc.

André: durch kontinuierlich ausprobieren von Hypothesen. Und steht auch, glaube ich, ganz gut da, trotz aller Farben. Lego auch. Die ganzen Klemmbausteine, könnte man ja sagen, ist ein Produkt, das kann nur verlieren gegen Videospiele, soziale Medien und andere Dinge. Nein, die sind hochprofitabel.

André: Und deswegen läuft es besser als je zuvor. Warum? Weil die immer weiter Dinge ausprobiert haben, neue Märkte erschlossen haben, neue Zielgruppen erschlossen haben. Der Klemmbaustein ist geblieben, aber die Produkte sehen heute komplett anders aus als noch vor 20 Jahren. Hätten sie es nicht gemacht,

Patrick: Ja. Ja.

André: Jetzt schaue ich bei Lego mal auf den Wettbewerber Playmobil, der aus meiner Sicht enorme Probleme hat zurzeit, dann wird es irgendwann schwierig. Oder BMW, die vielleicht jetzt nicht, aber vielleicht doch, bei Audi hört man es oder VW sieht man es ja auch, doch irgendwann von der Radikalkur stehen. Und dann helfen natürlich auch diese klaren Radikalkur-Dinge. Aber eigentlich

André: In einer anderen Welt hätte man möglicherweise, ist aber jetzt leichter hergesagt, kontinuierlich mit komplexen Hypothesen gearbeitet, wären diese Radikalkuren vielleicht nicht mehr nötig gewesen. Wie gesagt, mit Blick auf diese beiden, Lego und Tesla, jetzt gerade durch den Seelen, die nicht mit OKR arbeiten, beide glaube ich nicht, aber immer sehr stark mit Hypothesen.

Patrick: Genau, ja, würde ich so unterschreiben, absolut.

André: Ganz herzlichen Dank. Wir sind deutlich über der Zeit. Danke, dass du bis dahin dabei seid. Ich hoffe, ihr Hörerinnen und Hörer, ihr seid auch dabei. Ich werde viele Links in die Show Notes packen. Ganz herzlichen Dank.

André: zu dem Thema. Patrick, ich mach das einfach kurz, wenn du noch Links hast, Buchtipps etc. Immer her damit. Ich werde das in die Show Notes verlinken und irgendwann müssen wir uns weiter unterhalten. Vielleicht dann tatsächlich mal über das Thema Strategie arbeiten. Ich finde das hochgradig spannend. Patrick, ganz herzlichen Dank für das Gespräch. Ich würde sagen, bis demnächst. Danke dir. Tschüss.

Patrick: Sehr gerne, hat sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank, André. Bis bald, tschüss!

Shownotes

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