Fünf Schritte zum perfekten Frühindikator
5 Schritte zum perfekten Frühindikator
Die Idee on Objectives & Key Results ist es, gemeinsam an einem großartigen und inspirierenden Ziel zu arbeiten. Großartige und inspirierende Ziele motivieren, haben aber zugleich die Eigenschaft, dass sie erst das Ergebnis einer großen Kraftanstrengung sind. Mit anderen Worten, Ziele motivieren schon, aber nicht über die ganze Strecke, da braucht es mehr.
Inhalt des Artikels [ Anzeigen ]
Große Ziele sind wie große Steine, sie sind schwer zu bewegen. Schau dir die großartigen und schönen Pyramiden von Gizeh an, und du weißt, was ich meine.
Aber wie setzt du diese großen Steine in Bewegung? Richtig, mit einem Hebel. Und dieser Hebel heißt bei OKR Frühindikator. Leider ist für viele Ziele ein guter Frühindikator gar nicht so einfach zu finden. Er ist oft versteckt. Wie ein guter Frühindikator aussehen kann, möchte ich anhand einer Geschichte erzählen.
Eine Geschichte aus der goldenen Zeit von Steve Jobs.
Ich möchte die Suche nach einem guten Frühindikator mit einer Geschichte von Steve Jobs illustrieren. Zur Erinnerung, Steve Jobs war der legendäre Chef von Apple und hat mit der Entwicklung des Mac die Geschichte der Computer maßgeblich mit geprägt1.
Im Jahr 2003 formulierte Steve Jobs bei Apple das Ziel, sich aus der Abhängigkeit von Microsoft zu lösen. Das größte Problem war damals der Internet Explorer von Microsoft für den Mac. Es bestand jederzeit die Gefahr, dass Microsoft die Unterstützung für den Mac einstellt. In der Folge hätten Apple-Kunden keinen Zugang mehr zum Internet gehabt. Das Ende von Apple wäre die konsequente Folge.
Apple begann mit der Entwicklung eines eigenen Browsers, dem heutigen Safari. Aber die Frage war, was wäre ein guter Frühindikator, der schon während der Entwicklung des Produkts anzeigt, dass die Nutzer umsteigen und der Browser signifikante Marktanteile erreicht?
Steve Jobs Antwort auf diese Frage war: „Focus on Speed“.
Speed war der Frühindikator. Wenn der neue Browser Safari deutlich schneller wäre, als die Konkurrenzprodukte, dann werden die Anwender schon umsteigen.
Das Entwicklungsteam nutze fortan die Messgröße „Speed“ als kritisches Messinstrument.
Das Ergebnis war, dass bereits erste Version von Safari um Faktor 3 schneller war, als der Internet Explorer. Nach kurzer Zeit wurde der Internet Explorer auf der Apple Plattform zum Nischenprodukt. Die Basistechnologie von Safari2, wurde als Open Source sogar so erfolgreich, dass sie heute direkt oder indirekt die Basis aller modernen Browser wurde. Auch der aktuelle Browser von Microsoft basiert auf der damaligen Arbeit von Apple.
Ich kenne viele Produktmanager, die in ähnlicher Situation wie Steve nicht „Focus on Speed“, sondern, „Focus on Features“ gesagt hätten. Das ist für mich „Lazy-Thinking“.
Aber wie findest du einen guten Frühindikator, wenn du zufälligerweise nicht Steve Jobs bist?
Vielleicht helfen dir meine 5 Schritte zur Identifikation deines Frühindikators. Los geht es.
Schritt 1: Was ist der große Stein, den du in Bewegung setzen willst?
Was ist die große Veränderung, das große Ziel, was du erreichen willst? Bevor du überhaupt über einen Frühindikator nachdenkst, sollte dir das übergeordnete Ziel oder Problem, absolut klar sein.
- Was ist der Elefant im Raum?
- Was ist das große Problem, das endgültig weggeräumt werden soll?
- Was sind die übergeordneten strategischen Ziele im Unternehmen?
In meiner Geschichte war es das große Ziel von Steve Jobs, sich aus der Abhängigkeit von Microsoft zu befreien.
Was ist das große qualitative Ziel und warum ist dieses gerade jetzt wichtig?
Lege deine ganze Energie in die Formulierung dieses großen Ziels.
Dieses große Ziel definiert den Felsen, der bewegt werden soll. Wenn der Felsen klar ist, dann fehlt jetzt nur noch der richtige Hebel.
Und diesen Hebel, den suchen wir in Schritt 2.
Schritt 2: Was ist der Engpass, der den Stein am Rollen hindert?
Der Stein symbolisiert das große Ziel. Manche großen Ziele, wie Umsatz oder Wachstum, sind messbar. Diese Messungen sind Spätindikatoren. Spätindikatoren reagieren erst, nach dem ganz viele Dinge im Vorfeld geschehen sind. Und viele Dinge davon liegen gar nicht in deiner oder eurer Hand. Du kannst sie schlicht nicht beeinflussen.
Daher suchen wir jetzt den Hebel zur Bewegung des Steins. Ein guter Ansatz ist der Engpass.
Stelle dir folgende Fragen:
- Was ist der Engpass, der den Stein am Rollen hindert?
- Was ist die Ursache der Ursachen, die dem großen Ziel entgegensteht?
- Was ist eine starke Gewohnheit, die den Stein jeden Tag bewegt?
- Was ist ein nützliches Kunden- oder Nutzerverhalten, das wir herbeiführen können?
Ich gebe offen zu, dieser zweite Schritt ist nicht ganz einfach und erfordert seineZeit. Ich empfehle dir, mit deinem Team in einem Brainstorming nach mehreren Hebeln und Frühindikatoren zu suchen.
Bedenke, dass manche Frühindikatoren nicht offensichtlich sind und erst entdeckt werden müssen. Investiere daher mit deinem Team etwas Zeit auf diese Frage.
Meine Erfahrung zeigt: Ein guter Frühindikator schlägt 10 schlechte Key Results.
Bei meiner Geschichte mit Apple war der Frühindikator die Geschwindigkeit des Browsers.
Hier sind ein paar weitere Beispiele für Frühindikatoren:
- Beim bekannten Fussballclub FC Liverpool ist der Frühindikator das „Pressing“. Die Mannschaft von Jürgen Klopp trainiert diese Taktik so intensiv, dass die großen Ziele erreicht werden.
- Apple möchte Marktanteile im Notebook Markt gewinnen. Der Frühindikator ist Rechenleistung/kWH. Ein Apple MacBook Air hat keinen Lüfter, kann den ganzen Tag ohne Steckdose benutzt werden und schlägt 90 % aller PCs in der Rechenleistung.
- Ich möchte, dass du meinen Newsletter abonnierst. Deine durchschnittliche Lesezeit für diesen Artikel korreliert mit der Chance, dass du dich hier anmeldest.
- Du möchtest eine üble Gewohnheit ablegen. Dein Frühindikator ist es, wenn du in der jeweils nächsten Stunde dieser Gewohnheit nicht nachgibst. Nur eine Stunde mehr.
Sammle gerne viele Ideen für Frühindikatoren und begrenze die Ideen auf maximal 3 - 5 Frühindikatoren. Beschäftige dich noch nicht mit der Messung und Bewertung. Du benötigst zunächst eine Ausgangsbasis.
Mehr brauchst du nicht zu analysieren.
Schritt 3: Was sind die Verhaltensänderungen, die den Stein ins Rollen bringen?
Jetzt kommt der nächste Schritt. Überlege, was dein Team, deine Organisation oder deine Leute ab jetzt regelmässig unternehmen müssen, damit der Hebel bewegt werden kann.
Was könnt ihr regelmässig, und zwar jeden Tag anders machen, damit der Hebel zieht?
Mein Vorschlag ist, für jedes Hindernis eine Gewohnheit, eine Regel oder eine Summe von Ergebnissen zu überlegen, die diesen Hebel bewegt.
In meinem Beispiel, mit Steve Jobs, hat das Entwicklungsteam kontinuierlich die Geschwindigkeit gemessen, in der die zehn prominentesten Webseiten dargestellt wurden. Und zwar bei jedem noch so kleinsten Entwicklungsschritt.
Das neue Verhalten in der Entwicklung war, dass egal, was das Entwicklerteam programmierte, der Browser niemals langsamer werden durfte.
Mein Tipp: Überlege bei jedem Frühindikator, den du im Schritt 3 gefunden hast, welches Verhalten im Team dazu führen könnte, dass der Hebel jeden Tag ein Stück weiter gezogen werden kann.
Schritt 4: Woran erkennst du die erfolgreiche Verhaltensänderung?
Wenn du die Verhaltensänderung identifiziert hast, entsteht die Frage, wie du jeden Tag das gewünschte Verhalten messen kannst?
In der Steve Jobs Geschichte hat das Team die Ladezeit der zehn wichtigsten Webseiten gemessen und festgeschrieben. So wurde der Browser täglich schneller. Manchmal nur unwesentlich, manchmal dramatisch.
Mein Tipp: Untersuche, wie bei deinen bislang gefundenen Frühindikatoren, wie du die Hebelbewegung messbar machst. An welchen Spuren kannst du nachvollziehen, dass sich der Hebel bewegt.
Schritt 5: Entscheide dich für einen Frühindikator
Spätestens jetzt solltest du alle Frühindikatoren priorisieren, die du gefunden hast.
Stelle dir zur Priorisierung folgende Fragen:
- Wie groß schätzt die Wahrscheinlichkeit ein du, dass dieser Frühindikator die gewünschte große Wirkung, das große Vorhaben erzielt?
- Wie groß ist die Hebelwirkung für das eigentliche Ziel?
- Ist dein Team wirklich in der Lage, den Hebel selbst zu ziehen und selbst ins Handeln zu kommen?
Bewerte alle Hebel und suche exakt einen Hebel aus, der passt. Alle anderen Hebel kommen in die Schublade.
Frühindikatoren sind schwer zu finden. Suche grundsätzlich mehrere Ansatzpunkte. Stelle am Schluss sicher, dass du den stärksten Ansatzpunkt auswählst
Kontinuität schlägt Kraftanstrengung
Ein letzter Tipp: Versuche nicht, deine Frühindikatoren mit Gewalt bewegen zu wollen. Viel wichtiger ist es, alle Hebel kontinuierlich, systematisch und gleichmäßig zu bewegen. Kontinuität und Disziplin gepaart mit Geduld sind die stärksten Kräfte in unserem Universum.
Bleibe in der Balance!
Und jetzt bist du dran. Bewege den Hebel meines Frühindikators und schau sofort hier vorbei!
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Falls dich die ganze Geschichte zur goldenen Zeit von Steve Jobs interessiert. Hier ist das Buch von Ken Kocienda, eines Entwicklers, der seine Zeit und Erfahrung bei Apple beschreibt. Ein schöner Blick hinter die Kulissen eines agilen Unternehmens, das keine agile Methode einsetzt. Das ist mein Lesetipp für dich: https://www.amazon.de/Creative-Selection-Ken-Kocienda/dp/1250194466 ↩︎
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Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass WebKit auf dem Open-Source Projekt KHTML beruht. Die Lizenz “zwang” Apple wahrscheinlich dazu, das Ergebnis ebenfalls Open Source zu stellen. Ein Segen! ↩︎