Worauf achtet ein “guter” OKR-Coach?
André, was zeichnet eigentlich einen guten OKR Coach aus?
Diese Frage wird mir des Öfteren gestellt und die einfache Antwort entspricht beinahe dem, was du in vielen Trainingsangeboten wiederfindest:
Der OKR-Coach
- hat Methodenkompetenz mit dem Schwerpunkt OKR,
- kann OKR-Events moderieren und ausrichten,
- bietet Unterstützung im Ausräumen von Hindernissen (Impediments),
- und ist ein Servant-Leader für das Team.
Aber reicht das wirklich aus? Ich behaupte folgendes:
Kein Team wird erfolgreicher, wenn grundlegende Strukturen so bleiben, wie sie sind: nämlich unangetastet.
Daher konzentriere ich mich in diesem Artikel auf Aspekte, die meiner Erfahrung nach einen “guten” OKR-Coach ausmachen.
Aspekt 1: Etabliere Outcomes
“André, die Teams haben so viel zu tun. Und jetzt sollen sie auch noch OKR machen? Wie soll ich mich verhalten?”
In vielen Organisationen herrscht Stress. Das Tagesgeschäft dominiert den Alltag. Es gibt immer mehr zu tun, als zu schaffen ist. Und jetzt soll auch noch OKR gemacht werden?
Ich sage, für einen guten OKR-Coach ist das eine hervorragende Ausgangssituation. Denn OKR bringt konkrete Abhilfe durch ein einfaches Denkprinzip: “Das Denken in Wirkungen oder in Outcomes”.
Das Denken in Outcomes bedeutet, dass Arbeit eine nützliche Wirkung entfalten muss, sonst ist diese Arbeit ohne Wert und kann unterlassen werden.
Vor diesem Hintergrund ist die Klärung der beabsichtigten (intendierten) Wirkungen durch konkrete OKRs ein echter Segen.
Einfache Fragen können hier helfen:
- Welche Wirkungen wollen wir erzielen?
- Welche Menschen sind unser wahrer Kunde und wie profitieren diese Menschen von den Wirkungen?
- Was könnten diese Menschen künftig anders und besser tun, als sie es heute machen?
Outcomes sind kein imaginärer Business-Value, sondern manifestieren sich in einer messbaren Verhaltensänderung von Menschen, die in der Regel außerhalb deines Teams liegen.
Du kannst die Fragen nach Outcomes genauso gut im Service-Bereich, in der Organisationsentwicklung als auch in der Produktentwicklung stellen.
Wenn du nur eine Sache als OKR Coach tun kannst, stelle Wirksamkeit und konkrete Menschen in den Vordergrund des Handelns
Aspekt 2: Schaffe Experimentierräume
“André, eigentlich wissen die Teams, was sich ändern muss. Aber trotz besseren Wissens, bleibt vieles wie es ist”
Etwas provokant gesagt: “Hervorragend, ihr kennt eure Probleme. Der zugegeben schwere erste Schritt ist es, die Probleme nicht zu akzeptieren und mit Lösungsansätzen zu experimentieren.”
Das Wissen über gute Veränderungen ist da. Es ist überall da, es ist bei dir da, in deinem Team und in deiner Organisation da. Wir können uns endlos einen Kopf darüber machen und im Vorfeld prüfen, ob eine Idee zur Verbesserung führt oder nicht.
Die einfachste Lösung, auch starre Strukturen aufzubrechen, ist das Experiment. OKRs ermöglichen es euch, die positive Wirkung vorweg zudenken und anhand von Daten zu validieren, ob die Verbesserung eintritt oder auch nicht.
Die grundsätzliche Idee ist, eine Verbesserung in einem geschützten Raum anhand von messbaren Kriterien auszuprobieren und im Vorfeld eine Vereinbarung zu schaffen, wie bei Erfolg mit der Verbesserung verfahren wird.
Dazu ein paar Beispiele:
Es müssen nicht die großen Dinge sein, manchmal können auch kleine Dinge ausprobiert werden:
- Du hast zu viele Ziele? Experimentiere doch mit einem Ziel.
- Die Mitarbeiter nutzen keine Kameras in Meetings, prüfe, welche Formate von einer Kamera profitieren und welche nicht?
- Du hast zu viele Meetings, experimentiere damit, Open Space Prinzipien zu nutzen. Anwesenheit un Mitwirkung ist optional.
- Du hast schwierige Geschäftspartner? Experimentiere damit, genau mit diesen schwierigen Partnern mehr in den Austausch zu gehen und so von ihnen zu lernen.
- Die Produktivität ist zu gering, experimentiere damit, noch weniger zu machen und dafür die Effektivität durch stärkeren Austausch mit Nutzern zu erhöhen.
- Ihr liefert zu oft? Sagt einfach Nein.
Experimentierräume aufbauen bedeutet, die Ursache-Wirkungsbeziehung von bestimmten Meinungen zu validieren und dann eine grundlegendäre Veränderung daraus abzuleiten.
Falls ihr Ideen zur Verbesserung eurer Arbeit oder Situation habt, formuliert ein geschütztes Experiment mit OKR.
Aspekt 3: Ermögliche Selbstorganisation
“André, unsere Leute wurden jahrelang klassisch geführt. Es wurden Aufgaben verteilt und kontrolliert. Und jetzt sollen die Mitarbeiter sich eigene Ziele setzen? Was macht da ein guter OKR-Coach?”
Manchmal ist es schon fast komisch. Wir sind in unserem Privatleben selbstständig, treffen unsere Entscheidungen, machen Dinge, planen. Im Berufsleben warten wir auf Vorgaben.
Der Punkt bei OKR ist es, die Entscheidungsqualität zu verbessern, in dem die Führungskräfte (auch Scrum- und Product Owner sein können) gemeinsam mit ihrem Team, die Ziele erarbeiten.
Jedes von euch formulierte OKR-Set sollte ein ganz klares “Wozu” oder “Warum” beinhalten. Warum sind diese Ziele gerade jetzt wichtig? Why Now?
Allein durch die Formulierung der OKRs und des “Wozu” entsteht mehr Selbstorganisation. Achtet darauf, dass ihr neben den strategischen Zielen zusätzliche Ziele formuliert, die euch in eurer eigenen Arbeit unterstützen. Konzentriert euch auf euren Engpass.
Arbeite als OKR Coach gemeinsam mit den Führungskräften. Sie sind deine Partner. Lernt gemeinsam mit dem Team die Klärung des „Warum“.
Aspekt 4: Schaffe Fokus
„André, das ist unser Problem. Wir sind nicht fokussiert und machen in der Organisation zu viele Dinge gleichzeitig. Wie bekommen wir mehr Fokus?“
Wir leben in einer Kultur des “Ja-Sagens”. Das soll nicht despektierlich gemeint sein. Wer sagt schon gerne „Nein“ zu Anfragen, Aufgaben und Zielen, die wichtig und dringlich sind?
Dennoch gilt: Wie wollen wir besser, effektiver und wirkungsvoller werden, wenn jeder zu mehr als 100 % ausgelastet ist und selbst die kleinste Tätigkeit auf ein Projekt oder Kunden gebucht werden muss?
Das ist doch geradezu verrückt. Hier hilft eine der Superkräfte von OKR: Fokus.
Es stimmt, Fokussierung und Alignment sind die größten Herausforderungen für einen OKR-Coach.
Sie haben einen Preis: Fokussierung erfordert ein Nein zu Dingen, die nicht gemacht werden sollen. Priorisieren ist mehr als nur der Ausdruck von Wichtigkeit und Dringlichkeit. Priorisieren heißt, sich gegen gute und wichtige Dinge zu entscheiden, damit die richtig guten und langfristig wichtigen Dinge überhaupt eine Chance haben.
Als OKR Coaches kannst du die konsequente Fokussierung in der Organisation fördern, coachen und weiter zu etablieren. Eine bewusste Limitierung der Ziele und Initiativen ist hier von großem Nutzen.
Aspekt 5: Baue Reißverschlüsse
“André, wir sind jetzt fokussiert und haben über unser Tool im Alignment keine weißen Flecken mehr. Jeder hat seine OKRs, aber wir arbeiten nicht richtig zusammen, obwohl doch alles voneinander abhängt. Was hilft in dieser Situation?”
Stell dir folgende Fragen:
- Habt ihr ein großes Backlog mit mehr 50 Einträgen?
- Bekommt ihr Arbeit “reingedrückt”?
- Gibt es im Ticket-System umfassende Filter?
- Ist der Postgang morgens immer voll?
- Habt ihr Meetings, die eher Kraft rauben, statt Kraft zu schenken?
- Fehlen die Atempausen, weil ein Termin nach dem anderen zu leisten ist?
Wenn du auch nur zu einer Frage Ja sagst, sage ich „Bingo, ihr habt ein Schnittstellenproblem!
Oder anders gesagt: Die meisten Probleme in der Arbeit in Organisationen liegen nicht in der Arbeit im Team, sondern an den Schnittstellen des Teams zur „Außenwelt“, also zu vor- und nachgelagerten Teams, Zuliefern oder Kunden. Merkwürdigerweise wird an diesen Schnittstellen recht wenig gearbeitet. Und vielleicht kommt es daher, dass Retrospektiven so anstrengend sind, weil ein guter Teil der Dinge im Team gar nicht gelöst werden können.
Achte bei der Arbeit mit OKR auf die Reißverschlüsse und Nahtstellen zu anderen Teams. Stimmt eure OKRs ab oder entwickelt sogar mit gemeinsame OKRs, um bestimmte Schnittstellen zu verbessern. Die Arbeit innerhalb eures eigenen Teams wird nur besser, wenn das Zusammenspiel mit den vor- und nachgelagerten Teams stimmt.
Fazit: Schaue auf die größeren Zusammenhänge
Wie du siehst, ist die Methodenschulung in OKR ein guter Startpunkt. Dennoch kann jede Methode wird nur dann richtige Wirkung entfalten, wenn du weitere Aspekte in den Blick nimmst.
Meine 5 Aspekte stellen eine Inspiration dar und sind mit Sicherheit nicht vollständig. Sie können bei dir in deinem Kontext auch ganz anders aussehen.
Meine kleine Hausaufgabe für dich**:**
Was sind deine eigenen Aspekte, die ein gutes OKR Coaching ausmachen? Schreibe mir gerne. Eine Antwort ist garantiert.
Wenn du an ein Training zu OKR interessiert bist, dass den Erfolg eurer Arbeit in den Mittelpunkt stellt, dann spreche mich gerne an. Buche hier völlig unverbindlich ein Gespräch mit mir.