OKR Podcast #18: OKR im Konzern - Ein Gespräch mit Alexander Mehlhammer
Inhalt des Artikels [ Anzeigen ]
Alexander Mehlhammer habe ich in einem virtuellen OKR Stammtisch kennengelernt und fand seine Erfahrungen als OKR Coach sehr inspirierend. Eines wurde mir schnell klar: Alex ist kein Freund von Vorgabe und Kontrolle. In unserem Gespräch schildert Alex seinen Werdegang bei der Einführung von OKRs in der IT-Infrastruktur der Daimler AG.
Mein Tipp: Höre unbedingt rein, wenn du dich für die Nutzung von Objectives & Key Results in einer größeren Organisation interessierst oder einfach nur erfahren willst, wie du mit einem pragmatischen und toleranten Ansatz, eine Veränderung bewirken kannst.
Unsere Themen in dieser Episode
- Alexander stellt sich vor
- OKRs in der IT-Infrastruktur
- Fokusziele und Nicht-Ziele bei OKR
- Unsere Learnings bei der Einführung
- OKR als Workshop-Produkt
- Wie kann die OKR-Einführung skaliert werden?
- Welche Rolle spielt das Prinzip der Freiwilligkeit?
- Wie soll eine Strategieumsetzung ohne Transferleistung funktionieren?
- Wie sieht der Alltag eines OKR-Coaches aus?
- Welche Rolle spielen Tools bei der OKR-Einführung?
- Tretet mit Alex in Kontakt
Auszug aus meinem Gespräch mit Alexander Mehlhammer
Der folgende Text ist ein gekürzter Auszug aus dem Podcast. Ich empfehle dir, die Episode anzuhören. Nicht nur, für das volle Erlebnis, sondern weil wir im Gespräch einige Punkte tiefer im Detail betrachten.
Alex, wer bist du, was machst und was treibt dich an?
Alex: Ich arbeite als OKR Coach bei der Daimler AG und arbeite nebenberuflich in meiner eigenen Firma, der AgileMindConsulting. Die homepage ist noch nicht fertig, weshalb ihr mich bitte über linkedIn kontaktiert.
Was war dein Zugang zu OKR?
Alex: Mein Zugang war Orientierungslosigkeit. Der Teamleiter war nicht da. Der Abteilungsleiter wusste nicht, dass es uns gibt. Es fehlte uns an Strategie und Vision. Wir hatten damals einen externen Berater, der uns OKR als ein mögliches Hilfsmittel empfahl, um sozusagen unser Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Das haben wir dann gemacht und losgelegt, wie wir es eben glauben anwenden zu müssen oder dachten, daß es so funktionieren könnte.
Wir haben uns mit unseren Bordmitteln beholfen. Viele Fragen an uns selbst gestellt und die Antworten verdichtet … Worum geht es gerade bei uns? Was steht in der CIO-Strategie? Was haben wir gehört, was gerade „heiß“ ist – derlei Dinge. Unsere Teamkultur hat uns dabei total geholfen, weil wir in der Regel nach dem Grundsatz: Besser um Entschuldigung fragen, denn um Erlaubnis bitten gearbeitet haben und neugierig waren.
Was waren eure ersten Erfahrungen mit OKR?
Alex: Ein wichtiges Element war Fokussierung. Dabei haben wir uns ehrlich gefragt, was wichtig & dringlich ist oder eben nur eines von Beidem. Fokus muss auf der Und-Verknüpfung liegen. Dazu braucht aber ein seriöses Auseinandersetzen mit dieser Frage. Wichtig ist, dass die abgeleiteten Entscheidungen transparent gemacht und kommuniziert werden. Dann gibt es auch keine Überraschungen.
Was war euer erstes Learning damals?
Alex: Wir haben zunächst mit Jahreszielen experimentiert. Wir haben aber sehr schnell festgestellt, dass ab Richtung März, April ein Ermüdungseffekt entsteht. Die Ziele räsonieren schlicht nicht mehr, weil Veränderungen beim genauen Hinschauen täglich passieren. Ergo, nicht wegschauen, sondern darauf einlassen & reinhorchen, warum es nicht mehr funktioniert. Ausgehend davon kann durch das Team entsprechende Änderungen an der Richtung und dem Prozess vorgenommen werden, womit der neue Zyklus startet.
Wie habt ihr eure Erfahrungen ins Unternehmen eingebracht?
Alex: Wir waren ein neues Team, frisch zusammengewürfelt und unbelastet, aber eben neugierig und willig zu Gestalten. Ein freies Radikal, könnte man sagen. Schließlich haben wir festgestellt, daß es unsere Situation nicht einmalig gab und viele Teams irgendwie nicht so richtig wissen wozu Sie da sind oder eben nicht wissen, wie Sie gemeinsam vorwärts kommen. Daher haben wir ein Workshop-Produkt gebaut, angeboten und vertrieben. Es gab auch Testimonials aus der Belegschaft. Das Workshop-Produkt war wie eine Pflanze, die immer größer wurde. Wir haben das Workshop-Produkt schnell, vielleicht auch bisschen dreckig auf die Beine gestellt und dann mit unseren Kollegen als Kunden iteriert.
Und wie ging es dann weiter?
Alex: Wenn wir überlegen, dass der Konzern stark in der Aufbauorganisation denkt, während hingegen OKR eigentlich keine Organisation oder irgendeine Form von Hierarchie kennt, dann ist das ein gewisser Widerspruch. OKR sind die Teams wichtig verbunden mit einer gewissen Orientierung auf größerer Flughöhe. Das führt im Konzern ab und zu zu Verwirrung á la: Das ist doch nicht euer Auftrag!. Die Aufbauorga übersteuert dann gern mal die Ablauforga.
Schließlich gab es auf höherer Führungsebene, unter dem CIO, einen Wechsel. Diese neue Person hat „seine“ Organisation nach verschiedenen Dingen befragt. OKR war eines der Themen. Schließlich bin ich also an seinen Tisch gekommen, Ich zeigte die damalige OKR Arbeit anhand eines Produkt-Flyers und wurde OKR-Champion. Der neue Chef sagte: “Alex, wir müssen das Thema OKR groß denken. Mach mal ein Implementierungskonzept”. Das war im Sommer 2019, also vor zwei Jahren. In Q4/2019 haben wir dann richtig gestartet mit dem 1. Quartal mit dem hohen Menschen seiner engsten Führungsmannschaft.
Das ist ein großer Vorteil am Konzern. Du bekommst Jobs, die es draußen echt nur ganz selten gibt.
Was war die Kernidee deines Implementierungskonzepts?
Alex: Was steckt in Agilität groß gedacht drin? Es ist die Freiwilligkeit. Stell dir vor, jemand zwingt dich etwas zu tun. Dann mache doch nur Window Dressing im Sinne soviel, wie nötig, aber letztlich so wenig wie möglich. Das steht total im Gegensatz zu ambitioniertem Denken. Dem zur Folge ist Mitmachen des Mitmachen wegen nicht sehr nützlich.
Mein Tipp ist daher: Nutze die Freiwilligkeit und fange so weit wie möglich oben an. Das liegt einfach daran, weil OKR nicht vom Himmel fallen. Sie müssen erarbeitet werden und haben Komponenten der jeweiligen Strategie integriert. Wo liegt mein Beitrag ab morgen für etwas, was 5 Jahre halten soll. Was sind die Top-8 Themen, womit wir jetzt starten sollten?
Ist OKR nicht sehr zeitaufwendig?
Alex: Ich frage immer wieder: wenn ihr Strategieumsetzung wollt, wie ist denn der Transfer für die Mitarbeiter? Dann kommt die Antwort, ja wir haben die Strategie per E-Mail kommuniziert. Ja, und warum glaubt ihr, dass eure E-Mail die relevanteste ist, wenn ein Mitarbeiter so 50–100 E-Mails am Tag bekommt?
Wenn ich will, dass die Menschen die Strategie für relevant in ihrer Arbeit betrachten, wenn ich Leadership will, dann muss ich mir die Zeit dafür nehmen sie immer wieder zu erklären. Dann muss ich als Führungskraft verstehen, dass ich dort Zeit investieren muss. Es geht um begeistern, Führungs als Herzensangelegenheit zu betrachten, aber nicht um immer noch Arbeit drauf laden.
OKR ist hier hilfreich. OKR nötigt die Leute dazu, ein Stück nachzudenken:
- Wie viel kommuniziere ich?
- Wie erfolgt Decision-Making?
- Wie relevant ist die Strategie denn für die Mitarbeiter?
Deine Arbeit als OKR Coach ist Führungsarbeit. Wie funktioniert die?
Alex: Ich arbeite mit Führungskräften oft in ihren Teams, d.h. bspw. Bereichsleiter mit seinen Abteilungsleitern, aber auch ein Teamleiter mit seinen Mitarbeitern. Letztlich versuchen viele Führungskräfte jegliche Form von Schwäche zu vermeiden oder wenigstens sehr klein erscheinen zu lassen. Basierend auf ihren Karrieren wissen Sie, daß hart und lang arbeiten nicht immer ausreichen, um weiterzukommen. Damit sind wir sehr stark im Verhalten unterwegs bzw. Rollenverständnis, was sehr facettenreiche, aber eben auch individuelle Themen mit Team-Themen verknüpft. Im Sinne des eigenen Dilemmas hilft die Retrospektive, sich zu spiegeln.
Spreche Alex an …
Spreche Alex gerne direkt selbst an, wenn du Fragen hast oder Unterstützung zu agiler Arbeit oder OKR benötigst. Die Kontaktdaten von Alex findest du in den Show-Notes des Podcasts und hier im Blog unten 1.