OKR Podcast #46: Das Product Goal in Scrum aus Sicht von OKR – Ein Gespräch mit Jan Fischbach

In dieser Episode spreche ich mit Jan Fischbach1 über das Produktziel in Scrum aus Sicht von OKR2. Jan ist Geschäftsführer vom Common Sense Team und langjähriger Experte in Sachen Scrum. Gemeinsam tauchen wir tief in die Welt des Produktziels ein und diskutieren, wie es agilen Teams helfen kann, fokussiert zu bleiben und bessere Ergebnisse zu erzielen. Folge uns auf dieser spannenden Reise und lass dich inspirieren!

Unsere Themen in dieser Episode

  • Jan Fischbach stellt sich vor
  • Jan und André auf dem Forum Agile Verwaltung und Lean around the Clock
  • Was ist das Product Goal in Scrum?
  • Der Elevator Pitch der Produktentwicklung
  • Eigenschaften und ein Beispiel für ein gutes Product-Goal
  • Das kleine Produktziel im Sprint
  • PI Objectives in SAFe?
  • Messbare Erfolgskritieren beim Product Goal?
  • Wie schmiede ich ein spitzenmäßiges Product Goal?
  • Wie mache ich das Product Goal in der täglichen Arbeit transparent?
  • OKR und Scrum sinnvoll kombinieren
  • Tipps von Jan für die agile Arbeit

Ein Hinweis: Der folgende Text ist ein redaktionell überarbeiteter Auszug aus dem Podcast. Für das wahre Vergnügen empfehle ich dir das Anhören des Gesprächs.

Jan Fischbach, stelle dich kurz vor

Jan: Ich bin Geschäftsführer der Common Sense Team. Mein Ziel ist es, dass Menschen mehr Spaß bei der Arbeit zu haben und beschäftige mich seit vielen Jahren mit Scrum und Agilen Methoden. Zugleich unterstütze ich und das Common SenseTeam Veranstaltungen, wie Lean Around the Clock oder dem Forum Agile Verwaltung.

Wie entstand das Product Goal in Scrum?

Jan: Das Product Goal3 ist eines der Artefakte von Scrum aus dem Scrum Guide 2020. Zuvor gab es die Product Vision in Scrum. Die Product Vision diente der Beschreibung eines konkreten Zukunftszustandes des zu entwickelnden Produkts. Es stellte sich heraus, dass der Begriff Vision in Deutschland eher für Verwirrung sorgte. Vielleicht ist ein (missverstandenes) Zitat des Altbundeskanzlers Helmut Schmidt dafür verantwortlich.

Foto Wikimedia CC 3.0 von Helmut Schmidt

Im Scrum Guide von 2020 wurde daher ein Vorschlag aus der deutschen Trainer-Community aufgenommen. So entstand die Idee, die Product Vision zum Product Goal weiterzuentwickeln.

Was ist das Product Goal genau?

Jan: Der Scrum Guide beschreibt das Product Goal als den Zielzustand eines Produkts, das dem Team (während der gesamten Entwicklungszeit) Orientierung bietet. Das beantwortet die Frage: „Was will ich mit dem Produkt erreichen?“. Es ist der Elevator Pitch für das Team.

Dazu ein Beispiel: Ich habe einen Kunden für die Einführung eines DMS-Systems. Ein Produktziel könnte für diesen Kunden sein, dass ein fachlicher Prozess zu einem Termin umgesetzt ist und hundert Leute damit arbeiten können.

Es gibt aus der Historie interessante dokumentierte Produktziele[^4]:

Die Entwicklung der Mustang P-51 hatte ein interessantes Produktziel. Die Amerikaner wurden im WW2 von den Briten um Hilfe für den Bau eines neuen Kampfflugzeugs gebeten. Der Auftraggeber sagte: „Bau mir das schnellste Flugzeug, das du bauen kannst, mit zwei fetten Kanonen für Piloten mit 1,80 m Körpergröße und 64 kg Gewicht.“

Welche Bedeutung haben Sprintziele in Scrum?

Jan: Das Sprintziel bricht das Product Goal herunter auf den Sprint. Es geht darum, ein bestimmtes Problem innerhalb eines Sprints zu lösen und das Team so zu fokussieren. Ohne Sprintziel passiert schnell das, was ich „Leipziger Allerlei“ nenne. Das Team arbeitet umfokussiert an allen möglichen Themen. Das Sprintziel ist sogar noch wichtiger als das Sprint Backlog, also die konkreten Arbeitspositionen für einen Sprint. Dass Sprintziel ist stabil, das Backlog nicht zwingend.

Dazu ein Beispiel:

Wir wollen einen super geilen Messauftritt: Mitten im Sprint stellen wir fest, dass wir die Werbebroschüre für die Messe nicht drucken können, weil die Druckerei Betriebsferien hat und wir auch eine andere Druckerei nicht so schnell finden können.

Wir können den Backlogauftrag nicht erfüllen, aber das Sprintziel ist noch wichtiger als die Backlog-Einträge. Das heißt, die Developer überlegen, was man jetzt machen kann, damit wir den Leuten auf dem Messestand etwas an die Hand geben können. Dann drucken sie eben 500 Zettel mit dem Produktnamen, den wichtigsten Features und die Nummer vom Vertrieb aus, sodass die Kunden Termine machen können.

Wie kreiere ich ein spitzenmäßiges Product Goal?

Jan: Dazu habe ich drei spannende, wenn auch nicht ganz einfache Methoden im Angebot:

  1. Jobs 2 Done – das Konzept sagt, welche Jobs will der Kunde machen und wie mache ich den Kunden, in dem, was er tut, erfolgreich?
  2. Benefits Management – den Nutzen bekomme ich nur hin, wenn ich dauerhafte Änderungen an den Abläufen herstellen kann.
  3. Capabilities Management – hier geht es um den Aufbau von Kompetenzen und Fähigkeiten, was auch ganz spannend ist für interne Projekte.

Wie kann ich das Product Goal in der täglichen Arbeit transparent machen?

Jan Es gibt ein schönes Video von Jeff Sutherland (Jeff ist einer der beiden Erfinder von Scrum wo er in wenigen Minuten in Scrum erklärt. An der Wand ist das Product Backlog und alle weiteren Informationen sichtbar. Oder als Plakat neben dem Sprint Backlog. Ob es da hängt oder nicht, wichtig ist, dass der Product Owner das Product Goal immer wieder thematisiert.

Wie passen OKR und Scrum zusammen?

Jan Als das Thema OKR aufkam, dachte ich, was ist daran so revolutionär? Ja, das ist doch wieder die alte Balance Score Card oder Hoshin Kari im neuen Gewand. Aber später dachte ich, es ist doch schön, wenn jetzt eine solche Welle mit Zielsetzungen durch die Unternehmen rauscht und das passt gut. Mir gefallen zwei Dinge bei OKR besonders gut.

  1. Wenn ich OKR ernst nehme, zwingt mich der Prozess regelmäßig über Ziele zu reden.
  2. Es gibt übergeordnete Ziele, die dafür sorgen, dass Abteilungen und Mitarbeiter sich dazu Gedanken machen, was sie dazu beitragen wollen.

Solange wir Scrum haben, haben wir schon einen Rhythmus, wo wir immer sagen können, ob wir unser Ziel erreicht haben oder nicht. Kommt dem Product Owner eine Idee, sind die Entwickler in der Umsetzung der Idee frei, aber nicht in den Zielen de rIdee.

Jetzt haben wir das mit OKR eine Ebene höher. Wir haben ein Objective, was bedeutet das für uns Entwicklungsteam? Was bedeutet es für das After Sales Team? So kommen die Spitzen des Unternehmens einmal im Quartal zusammen und es gibt einen Rhythmus der Zusammenarbeit.

Ich habe oft das Problem gehabt, wo hängt das Team eigentlich in der Gesamtstrategie?

Zwei Tipps von Jan Fischbach

Hier sind noch zwei Tipps von Jan Fischbach zu unserem Thema Product Goal und OKR.

Tipp 1: Setzt euch ein Produktziel und habt Spaß

Jan: Sowohl Scrum-Teams aber auch überhaupt Teams empfehle ich mit Produktzielen zu arbeiten denn das macht Spaß. Es gibt Energie und Fokus. Probiert es ruhig einmal aus. Und fokussiert euch erst einmal auf ein Ziel und nicht Aufpreis. Probiert es eine Weile aus, bis ihr merkt, ob es euch hilft oder auch nicht.

Wenn euer Ziel sehr technologiespezifisch ist oder bereits viele Hinweise zur Umsetzung hat, dann ist es kein Ziel mehr, sondern eine konkrete Aktion.

Tipp 2: Nutzt OKR zum Liefern

Was ich in der Arbeit mit OKR konkret gelernt habe ist, baut einen Prozess auf, der euch hilft zu liefern. Also wenn ein Team nicht liefert, liegt es selten daran, dass irgendwelche faulen Leute im Team arbeitenm sondern der Prozess zu liefern funktioniert einfach nicht. Setzt den Prozess richtig auf, so das jede Woche etwas passiert. Das is meine Erfahrung, wo der Spaß herkommt.

Ihr merkt schon beim Lesen, Spaß bei der Arbeit ist Jan und mir sehr wichtig. Also, Why so serious?

Photo (c) Wikimedia CC 3.0


  1. HomePage der Common Sense Team GmbH: https://www.commonsenseteam.de ↩︎

  2. Wenn du mehr über OKR wissen möchtest, hier ist eine kurze Einführung zu dem Framework: https://andreclaassen.de/infos/was-ist-okr ↩︎

  3. Mehr Informationen zum Product Goal gibt es natürlich auf der Scrum.org: https://www.scrum.org/resources/blog/product-goal-explained ↩︎

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