OKR Podcast #53: Selbstorganisation im Team - Ein Gespräch mit Kai-Marian Pukall

Seit geraumer Zeit lese ich gerne die Beiträge von Kai-Marian Pukall zu den Themen Teamentwicklung und Selbstorganisation. Über das Thema OKR hatten wir auf dem Blog “Inspect & Adapt” einen Austausch, der von Wertschätzung und Fakten geprägt war. Und jetzt hat Kai-Marian seine Erfahrungen und sein Wissen zur Teamarbeit in einem Buch zusammengefasst.

Es heißt „Selbstorganisation im Team“ und ist im Vahlen-Verlag erschienen.

Ich mache es offen, mir gefällt das Buch außerordentlich gut. Es ist flüssig geschrieben, hervorragend strukturiert und hat eine Eigenschaft, die ich persönlich liebe: Es gibt zu jeder Aussage einen Verweis und viele Quellen.

Sein Buch inspirierte mich, Kai in meinen Podcast einzuladen und über sein Thema “Teamentwicklung” zu reden.

Diese Folge kann eigentlich nur für jeden interessant sein, der irgendwo mit Menschen zusammenarbeitet. Also kurz, für jeden.

Unsere Themen in dieser Episode

  • Kai-Marian stellt sich vor - Von der Softwareentwicklung zur Teamentwicklung
  • Wie ist das Buch “Selbstorganisation im Team” entstanden?
  • Was ist eigentlich ein Team? (Wir stehen auf den Schultern von Riesen)
  • Team und Gruppe
  • Das Management-Team
  • Ein Team ist keine Gruppe von Menschen
  • Teamfindung und Teamwechsel
  • Führung in High-Performance Teams
  • Tipps von Kai-Marian Pukall
  • Outro

Kai-Marian Pukall stellt sich vor - Von der Softwareentwicklung zur Teamentwicklung

Kai Marian Pukall ist Informatiker und so führte sein beruflicher Werdegang zunächst in die Softwareentwicklung in einer Webagentur.

„Ich wollte immer einen Beruf machen, wo man nicht so viel mit Menschen zu tun hat“, sagt Kai in unserem Gespräch, „Rückblickend gesehen hat das nicht so gut funktioniert.“ Stimmt, würde ich sagen, und das ist sicher gut so.

Wie so viele von uns in der Softwareentwicklung hat Kai dann in der harten Projektrealität seine ersten Erfahrungen mit Scrum gemacht. Über Scrum fand sich Kai zunehmend in der Welt der agilen Arbeitsweisen wieder. Das hat ihn ermuntert, sich tiefer mit der Dynamik und Herausforderungen der Teamarbeit auseinanderzusetzen.

So arbeitete Kai in einem Team von internen Agile-Coaches mitten an der agilen Transformation der DB Systel, die früher ein ganz klassisches IT-Systemhaus der Deutschen Bahn war. Dort arbeitete Kai zusammen mit einem Team von internen Agilen Coaches mit mehreren hundert neuen Teams zusammen, was zu einem unfassbaren Erfahrungsschatz in der Teamarbeit führte.

Wie ist das Buch “Selbstorganisation im Team” entstanden?

Die Idee zum Buch „Selbstorganisation im Team“ entstand aus Kais Wunsch, sein Wissen über selbstorganisierte Teams zu teilen. Er wollte die gewonnenen Erkenntnisse aus seiner Arbeit bei der Deutschen Bahn und als Agile Coach  an Führungskräfte und Teamentwickler weitergeben.

Vor zwei Jahren stand Kai in einem Kapuzenpulli vor einem etwas skeptischen Mitarbeiter des Vahlen-Verlags und sprach über seine Absicht, ein Buch über Teamarbeit zu schreiben.

„Ich habe am Anfang noch gedacht, ich schreibe einfach ein Buch über Teamarbeit und so eine gute Größe wären vielleicht so 250 Seiten.“, und der Verlagsmitarbeiter erwiderte, „das kannst du dir abschminken, Teamarbeit ist viel zu breit. Wir müssen das Thema spitzer machen“. Und so entstand das Buch „Selbstorganisation im Team“, das trotz seiner 460 Seiten noch deutlich größer sein könnte. Die vielen Referenzen und Quellenangaben im Buch machen es deutlich.

Was ist eigentlich ein Team?

Die Unterscheidung zwischen Teams und Gruppen ist ein wesentlicher Aspekt in dem Buch. Während ein Team durch gemeinsame Ziele und Verantwortung charakterisiert ist, fehlen diese Elemente in einer Gruppe. Ein Team ist ein Sozialkontext, und dieser Sozialkontext prägt das Verhalten der Menschen oft stärker, als ihre jeweiligen individuellen Persönlichkeiten es zulassen.

Bild aus dem Buch Selbstorganisation im Team: Wechselwirkung zwischen Autonomie, Verantwortung und Vertrauen

„Wenn man sein eigenes Leben anschaut, dann sieht man, dass wir uns in unterschiedlichen Situationen anders verhalten. Beispielsweise bei einem Gala-Dinner oder auf einer Beerdigung. Der Kontext prägt das Verhalten stärker, als die eigene Persönlichkeit es ansieht“, sagt Kai.

Ein Team kann man daher auch als Erwartungskontext sehen. Was wird von einem erwartet?

Das Management-Team

Angeregt durch das Buch von Patrick M. Lencioni, „Die 5 Dysfunktionen eines Teams.“, fragte ich Kai, warum es so wenige echte Management-Teams gibt. Also Management-Teams, die ihre eigene Zusammenarbeit im Führungskreis über die Zusammenarbeit mit ihren Teams sehen.

Kai sagte, dass diese Management-Teams schon existieren, insbesondere bei kleinen Unternehmen. Bei Start-ups. Größere Organisationen neigen dazu, in arbeitsteiligen Strukturen zu verharren, in denen die Verantwortung aufgeteilt und weniger gemeinschaftlich ist.

Wie funktioniert gute Teambildung eigentlich?

Teams sind ein Erwartungskontext. Und es ist gut, sich zu Beginn der Teambildung etwas Zeit zu nehmen, um genau an diesen Erwartungen zu arbeiten.

Kai: „Erste, was wir tun, ist, wir machen ein zweitägiges Kick-Off, wo wir uns zusammensetzen und im Wesentlichen über Erwartungen sprechen.“

Zu den Erwartungen gehören nicht nur die gegenseitigen Erwartungen der Teammitglieder, sondern auch die organisatorischen Erwartungen. Unter anderem der Umgang mit Meetings, die Erwartungen an die Arbeitsprozesse, die Zusammenarbeit mit Stakeholder. All diese Ergebnisse münden dann in ein gemeinsames Zielbild.

Bild aus dem Buch: Selbstorganisation im Team zu den Anforderungen an Teams

„Und da kommen ganz spannende Sachen raus, insbesondere ein Kundenteam, mit dem ich letztes Jahr gearbeitet habe, haben stark an der Idee festgehalten, Meetings intern freiwillig zu machen. Die haben gesagt, wir wollen in diesem Team darauf vertrauen können, dass unsere Teammitglieder ihre Zeit wertvoll investieren und sie auch selber entscheiden, wo ihre Zeit gut investiert ist. Im Gegenzug gibt es natürlich die Erwartung, dass man dann die Entscheidungen auch akzeptiert, die aus diesen Meetings herausfallen“

Kai, welche Rolle spielt Führung in der Teamarbeit?

Über Führung sagt Kai:

**„**Wenn wir über disziplinarische Vorgesetzte oder Hierarchie reden, ich bin überhaupt kein Freund von der Idee, man müsste das alles abschaffen und einfach die Leute gleichberechtigt in den Raum stecken und dann würde das alles klappen.

Meine Kritik an Führungskräfte geht eher in eine andere Richtung. Diese werden mit Erwartungen so überladen, dass sie ihrem Job nicht mehr gerecht werden können.“

Führung spielt eine wichtige Aufgabe in der Teamarbeit:

  • Schutz der Teams, primär in der Gründungsphase.
  • Bildung eines Verantwortungskontextes: Was darf das Team entscheiden, was nicht?
  • Echtes Interesse an der Teamarbeit. Präsenz und Sichtbarkeit.

Tipps von Kai-Marian Pukall

Zum Abschluss gibt Kai einige praktische Tipps für effektive Teamarbeit. Kai betont die Bedeutung von Unterschiedlichkeit und Diversität in Teams und rät dazu, Konflikte als Chance für Wachstum und Entwicklung zu sehen.

Kai sagt: „Eine gut organisierte und geführte Teamarbeit trägt wesentlich zum Erfolg eines jeden Unternehmens bei.“

Shownotes

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