Die 8 schönsten Fragen aus meinen Webinaren zu Objectives & Key Results

Die acht schönsten Fragen aus meinen Webinaren im Februar 2020 zu Objectives & Key Results

Ich habe in der vergangenen Woche meine ersten Webinare zu Objectives & Key Results durchgeführt. Ich bin sehr dankbar für das große Interesse und die anregenden Diskussionen in meinen Webinaren. Das freut mich wirklich sehr und ich werde auf jeden Fall bald neue Webinare ankündigen. Übrigens, falls du Interesse hast, kannst du hier die Präsentation zu meinem Webinar herunterladen.

In diesem Artikel gehe ich auf die acht schönsten Fragen ein, die von den Teilnehmern zu Objectives & Key Results gestellt worden sind.

Frage 1: Wie gehe ich mit “wirkungslosen” Unternehmenszielen um?

Eine Teilnehmerin berichtete, dass in ihrem Unternehmen Objectives & Key Results eingeführt werden soll. Der Vorstand hat gearbeitet und anschließend für das Unternehmen folgendes OKR formuliert.

Wir führen in unserem Unternehmen Objectives & Key Results ein!

Dieses Ziel ist ein schönes Beispiel für eine Aufgabe, die als Ziel verkleidet ist. Warum sollen OKRs eingeführt werden? Welche Wirkung soll erzielt werden? Ohne die Klärung von Intention und Wirkung, ist die Umsetzung solcher Ziele nicht einfach. In meinem Webinar hatte ich zu dem Thema Wirkung folgende Folie gezeigt1.

Der Unterschied zwischen klassischen Zielen und OKRs

Wie gehst du als Agile Coach oder OKR Master mit so einem Unternehmens-Objective um?

Aus meiner Sicht ist Gelassenheit die richtige Einstellung. Der Vorstand startet in eine Veränderung. Er möchte Objectives & Key Results einführen und diesen Weg mit allen Mitarbeitern gehen. Das ist erst einmal ein positiver Aspekt

Jetzt ist es wichtig darauf hinzuarbeiten, dass eine Feedback-Schleife in Gang gesetzt wird. Und das ist die zeitige Planung einer gut moderierten OKR-Retrospektive bzw. eines OKR-Review. Diese Formate sind der richtige Ort, an dem du gemeinsam mit den anderen OKR-Pionieren eure Erfahrungen thematisieren könnt. Und genau hier könnt ihr die Verbesserungen und Erfahrungen für den nächsten OKR-Zyklus einbringen.

Frage 2: Wie bekomme ich eine gute Ausrichtung der Ziele (Alignment) in der Organisation hin?

Eines der anspruchsvolleren Themen bei Objectives & Key Results ist das Thema Alignment. Wie dieser optimal gelingt, darüber gibt es sehr unterschiedliche Aussagen. Insbesondere wird es knifflig, wenn deine Organisation etwas größer ist.

Zum Thema Alignment schlage ich grundsätzlich das von Felipe Castro formulierte Vorgehen vor. Das ist die klare Trennung zwischen der Erarbeitung der Ziele (Set) und dem Abgleich der Ziele innerhalb des Unternehmens (Align). Danach und erst danach geht es an die Umsetzung (Achieve).

Set, Align & Achieve von (c) Felipe Castro

Daher schlage ich folgendes Vorgehen vor:

  1. Die Teams erarbeiten ihre OKRs, die auf die Unternehmens-OKRs “einzahlen”. Es wird im Team ein OKR-Verantwortlicher benannt. Die Rolle kann gerne wechseln.
  2. Alle OKRs im gesamten Unternehmen werden von den OKR-Verantwortlichen transparent gemacht. Dafür empfiehlt sich ein elektronisches Werkzeug oder ein zentrales Dokument.
  3. Die OKR-Verantwortlichen aus den Teams prüfen, ob es Gemeinsamkeiten oder Konflikte mit den Objectives & Key Results der Nachbarteams gibt.
  4. Falls das der Fall ist, setzen sich die Vertreter der Teams zusammen und erarbeiten einen Abgleich.
  5. Ein hervorragender Umgang mit Konflikten sind Shared-OKRs die über Silo- oder Abteilungsgrenzen funktionieren.
  6. Bei größeren Änderungen müssen die Objectives & Key Results in den Teams in einer zweiten Planung angepasst werden.

Frage 3: Ist es sinnvoll, Objectives & Key Results in einzelnen Abteilungen einzuführen, wenn es nicht im Konzern genutzt wird?

Diese Frage wurde öfters gestellt. Ich sage auf jeden Fall ja, denn der Kern von Objectives & Key Results ist das Denken in Ergebnissen und Wirkungen. Diese Form des Denkens ist immer von großem Nutzen. Ich kann Objectives & Key Results in ganz unterschiedlichen Bezügen sehr erfolgreich einsetzen, ohne dass Objectives & Key Results auf Unternehmensebene genutzt werden. Was ich aber nicht erwarten kann ist, dass sich Objectives & Key Results bei der Nutzung in einer Abteilung sich im ganzen Unternehmen ausbreiten. Die Nutzung auf Unternehmensebene erfordert ein starkes Sponsoring im Vorstand oder auf Geschäftsführungsebene.

Frage 4: Wie soll ein Weekly Check-In ablaufen?

Ich habe hier einen umfassenden Artikel zu dem 8 Erfolgsfaktoren eines guten Weekly bzw. Check-Ins geschrieben. Das Weekly ist die wichtigste Zeremonie für eine erfolgreiche Nutzung von OKRs. Ohne regelmässigen Check-In, ist die Gefahr, dass an keinen oder falschen Zielen gearbeitet wird, sehr groß.

Das Weekly dient nicht nur der Standortbestimmung bezogen auf das Ziel, sondern auch dem Teambuilding. Innerhalb eines Weekly werden in 15 Minuten folgende Fragen geklärt:

  • Frage 1: Wie ist der aktuelle Fortschritt unserer Key-Results?
  • Frage 2: Wie ist unsere Zuversicht, dass wir unsere Key-Results erreichen?
  • Frage 3: Welche Initiativen brauchen wir für unsere Key-Results?
  • Frage 4: Geht es unserem Tagesgeschäft gut?

Die Bonusfrage lautet:

  • Frage 5: Worauf können wir diese Woche Stolz sein und uns freuen?

Frage 5: Wir nutzen OKR aktuell nicht. Wo siehst Du die Unterschiede zu einer Balanced Scorecard?

Leider konnte ich in dem Webinar nicht auf die Frage eingehen. Möglicherweise habe ich sie im Chat überlesen, daher gehe ich jetzt an dieser Stelle auf die Frage ein.

Die Balanced Scorecard ist kurz gesagt ein Zielsystem mit einem starken Fokus auf eine Ursache-Wirkungsbebrachtung. Die Zielerreichung von Maßnahmen wird über Kennzahlen gemessen. Dabei liegt der Balanced Scorecard ein eher mechanisches Unternehmensbild zugrunde. Wenn ich die richtigen Ursache-Wirkungsbeziehungen erkannt habe, dann kann ich über Maßnahmen ein Unternehmen in den Zielfeldern Finanzen, Kunde, Prozesse und Organisation von oben nach unten verbessern. Der Balanced Scorecard liegt also ein klarer Steuerungsgedanke zu Grunde.

Die Objectives & Key Results sind ein adaptives Zielsystem mit einem starken Fokus auf Ergebnisse und Wirkungen. Die OKRs unterstellen keinen Steuerungsgedanken und schon gar keine einfachen Ursache-Wirkungsprinzipien. Die Key-Results scheinen den Kennzahlen der Balanced Scorecard ähnlich zu sein, aber das sind sie nicht. Die Key-Results sind messbare Ergebnisse zur Zielerreichung eines Objectives. Die Kennzahlen der Balanced Scorecard sind eher Betriebsmessgrößen.

Um ein plattes Beispiel zu bemühen. Wenn ich mit einem Auto in den Urlaub fahre, und mein Urlaubsort das Objective ist, dann ist ein Key-Result die Entfernung zum Zielort. Eine Kennzahl im Sinne der Balanced Scorecard wäre die Motortemperatur. Übrigens sieht man an dem Beispiel schön, dass es Potentiale der Ergänzung gibt.

OKRs betrachten weder die Organisation, noch das Umfeld oder den Markt als steuerbare Maschinen. Aus Sicht von Objectives & Key Results sind Unternehmen und Märkte komplexe und lebendige Systeme. Ich kann Komplexität nicht mit einem Ursache-Wirkungsprinzip begegnen, sondern nur mit validierbaren Hypothesen in kurzen Zyklen.

Frage 6: Wie führe ich Objectives & Key Results in meinem Unternehmen ein?

Wie werden Objectives & Key Results in deinem Unternehmen eingeführt? Die beste Art ist meiner Erfahrung nach die maximale Reduktion von Komplexität. Halte die Dinge möglichst einfach. Eine sehr gute Möglichkeit dafür ist die radikale Vereinfachung der Sicht auf dein Unternehmen. Bis zu einer gewisse Unternehmensgröße ignorierst du völlig die Hierarchie. Es gibt nur zwei Ebenen der Betrachtung: Die Unternehmensziele und die Teamziele. Ist das Unternehmen größer, werden die Bereichsziele, statt der Unternehmensziele der Maßstab für die Teams.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Anzahl der Objectives & Key Results zu limitieren. Starte in Teams mit nur einem OKR. Fokussiert euch im Team auf exakt einen Aspekt der Veränderung, der Verbesserung oder der Positionierung. Später, wenn die Objectives & Key Results rund laufen, dann kommt das zweite OKR dazu.

Und genau aus diesem Grund empfehle ich auch eine Limitierung der Teams, die mit OKR beginnen. Starte mit dem Unternehmens OKR und einem Team. Werte die Ergebnisse aus und nehme dann im nächsten Zyklus je nach Erfahrung ein bis zwei weitere Teams hinzu. Gehe lieber langsam.

Frage 7: Machen Objectives & Key Results auch Sinn bei NON Agilen Companys?

Ja, aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist es so, dass Objectives & Key Results die Selbstorganisation und Motivation von Teams fördern aber unabhängig vom Agilen Manifest oder agilen Methoden zu betrachten sind. Objectives & Key Results fördern zwar agile Arbeitsweisen, passen aber auch gut zu klassisch geführten Unternehmen.

Wenn du Objectives & Key Results in einer einzelnen Abteilung nutzt, um beispielsweise die Abteilung auf bestimmte Themenfelder zu fokussieren, dann ist es völlig legitim und hilfreich. Auf Unternehmensebene können Objectives & Key Results auch genutzt werden, um neben klassischen Steuerungsinstrumenten komplexere oder dynamischer Veränderungen zu unterstützen. Also auch hybride Ansätze sind denkbar.

Was aus meiner Sicht weniger gut funktioniert, ist die Verbreitung von Objectives & Key Results aus einer Abteilung in das gesamte Unternehmen hinaus. Für eine unternehmensweite Einführung benötigst du ein starkes Sponsoring aus der Geschäftsführungsebene heraus.

Frage 8: Welche Methoden empfehlen sich für die Festlegung der OKRs auf Teamebene?

Ich arbeite sehr gerne mit den Liberating Structures. Das sind Moderations- und Kreativtechniken, die dabei helfen auch Ideen von nachdenklichen und ruhigeren Leuten zu erhalten und eine Beteiligung auf Augenhöhe herzustellen.

Grundsätzlich läuft ein Workshop zur Planung der Objectives & Key Results nach folgendem Muster ab:

Dauer: Ca. 2 - 3 Stunden

  1. Ankommen oder der Check-In. Es ist ganz wichtig, den Teilnehmern Zeit zu geben, so dass sie ihre Aufmerksamkeit dem Thema widmen können.
  2. Kurze Vorstellung der Unternehmensziele und der Unternehmensvision
  3. Brainstorming, Brainwriting oder 1-2-4-all: Was würden wir tun, wenn wir alle Möglichkeiten der Verbesserung hätten. Damit wird der kreative Raum geöffnet.
  4. 1-2-4-All: Welche Objectives wollen wir im nächsten Quartal durchführen. Post-Its
  5. Gemeinsame Diskussion an den Ergebnissen.
  6. Bewerten, Filtern, Selektieren: 1 bis max. 3 Objectives bleiben übrig. Auch diese werden priorisiert-.
  7. Die Objectives werden jetzt von der Formulierung verbessert. Jedes Wort zählt. Hier kommt es auf eine gute Sprache und Formulierungskunst an. Objectives & Key Results sind ein gut geschriebener und formulierter Text, der einen Aufbruch zu neuen Ufern ermöglicht.
  8. Brainstorming für die Key-Results. Wie können wir messbar die Erfüllung der Objectives feststellen?
  9. Die Key-Results werden an Post-Its aufgehangen und diskutiert.
  10. Reduzieren, bis max. 2-4 Key-Results übrig bleiben. Weniger ist mehr.
  11. Iterieren: Auch hier ist die Sprache entscheidend.
  12. Gemeinsames festlegen des OKR Owners
  13. Fertig

Nach dem Workshop geht es an den Abgleich, wenn weitere Teams mit Objectives & Key Results arbeiten. Das kann auf vielfältige Weise passieren. Gut ist die Zusammenstellung aller Objectives & Key Results im Unternehmen an einem Ort, in einem Tool.

Was sind deine Fragen?

Schreibe gerne in den Kommentaren oder auf info@andreclaassen.de deine Fragen zu Objectives & Key Results. Falls du Interesse an weiteren Informationen hast, trage dich gerne hier in meinen regelmässigen Info-Service ein. Es gibt auch eine ultimative Liste zu Objectives & Key Results zum Ausdrucken als kleines Dankeschön dazu.


  1. Ich habe unter anderem zu den Themen Wirkung und Ziele einen Gastartikel auf dem Blog von t2informatik.de verfasst. Die 5 größten Mythen zu Objectives & Key Results sind sehr lesenswert! ↩︎

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