Von der Initiative zur Wirkung mit OKRs

Anzahl gelieferter Gummipunkte

Neulich bin ich über einen Tweet von Neil Killik gestolpert, der das Problem wirkungsloser Messung auf den Punkt brachte. Es geht um die sehr verbreitete Messung von Story-Points in agilen Projekten.

Story-Points stehen stellvertretend für das Problem, dass in vielen Projekten Aktivitäten statt Ergebnisse gemessen werden. Wir messen lieber die Anzahl von Gummipunkten, als deren Wirkung. Story-Points waren ursprünglich ein Versuch von Ron Jeffries, um der Scheinrationalität der Schätzung “Personentagen”1 eine nicht vergleichbare Messgröße entgegenzusetzen. Jeffries ist mit seiner Idee gescheitert, denn auch die Story-Points werden in vielen Projekten aus “Effizienzgründen” optimiert und miteinander verglichen.

Outcome oder Output: Wo ist jetzt der Unterschied?

Gut, wenn wir keine Aktivitäten oder Gummipunkte messen sollen, was messen wir denn dann? Beim Zielsystem Objectives & Key Results geht es um das gezielte Herbeiführen messbarer Wirkungen auf Basis von Zielen. Wir möchten also eine echte Wirkung oder englisch Outcome erzielen. Und wie wird dieses Outcome erzielt? Richtig, durch die Generierung von Arbeitsergebnissen bzw. Output. Die beiden Begriffe, Outcome (oder Wirkung) und Output (Arbeitsergebnis), werden in der Praxis gerne miteinander verwechselt. Genauso, wie Wunsch und Wirklichkeit. Auch mir unterläuft dieser Fehler hin und wieder.

Was sind Outcome und Output?

Das Outcome ist die beabsichtigte Wirkung, die im Einklang mit einem Ziel (Objective) steht. Der Output sind Ergebnisse, die einen positiven Einfluss auf das Outcome haben (sollten).

Das Outcome ist in den meisten Fällen zu einem gewissen Grad fremdbestimmt, zum Beispiel durch deine Kunden. Der Output oder die Arbeitsergebnisse gehören dir und unterliegen deiner Kontrolle. Das Dumme ist nur, dass jedweder Output immer nur ein Versuch darstellen kann, das Outcome zu beeinflussen. Die Erzeugung von Gummibärchen ist Output, der erfolgreiche Verkauf wäre ein wünschenswerter Output. Der Output hat daher auf eine gewisse Weise immer den Status eines Experiments

Der Output ist ein Experiment, das eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat, dass das Outcome positiv beeinflusst wird.

Leider ist es so. Behalte bitte diesen Unterschied zwischen Wirkung und Arbeitsergebnissen noch etwas im Kopf.

Unterscheide penibel zwischen Initiativen und Key-Results

Der Kern von Objectives & Key Results bilden kurzfristigen Ziele die Objectives mit messbaren Wirkungen, den Key Results. Die Objectives orientieren sich an deiner Unternehmensstrategie und die basiert wiederum auf der Mission/Vision des Unternehmens. Soweit so gut. Ich möchte den Blick auf den Sockel der Pyramide lenken, den Initiativen. In vielen Einführungen zu Objectivs & Key Results wird der Fehler gemacht, dass nicht sauber Key Results und Initiativen unterschieden wird.

Die Entscheidungspyramide bei OKRs

Die Initiativen generieren den Output. Initiativen können Projekte, größere Maßnahmen oder auch nur einzelne Aufgaben sein. Initiativen erzeugen Arbeitsergebnisse, die dazu dienen, ein oder mehrere Key-Results positiv zu beeinflussen. Key-Results sind daher nichts anderes als messbare Wirkungen von Aktivitäten. Key-Results sind Ergebnis und nicht Aktion.

Ein einfaches Beispiel aus dem Marketing

Ich mache jetzt ein einfaches Beispiel. Angenommen, wir möchten für unsere Firma MarketStar im nächsten Quartal weitere Kunden gewinnen. Eine sehr vereinfachte Form eines Objectives mit einem Key Result könnte wie folgt aussehen:

Objective: Wir möchten im nächsten Quartal Neukunden gewinnen.

Key Result: Wir haben 10 neue Kunden gewonnen.

Initiativen:

  • Wir haben 100 Kaltakquisen durchgeführt.
  • Wir haben 5 Kampagnen auf Facebook geschaltet.

Das Key-Result ist die erwünschte Wirkung, an der wie die Zielerreichung erkennen können. Das Key Result ist unser gewünschtes Outcome, das im Einklang mit unserem Objective steht! Die Initiativen der 100 Kaltakquisen und 5 Facebook-Kampagnen generieren den erforderlichen Output, der das Outcome unseres Key-Results hoffentlich verbessert oder im schlimmsten wirkungslos bleibt.

Diese Unterscheidung zwischen dem Output einer Initiative und dem Outcome eines Key-Results ist dein Schlüssel für die Formulierung richtig guter OKRs.

Aber André, so einfach ist die Welt nicht …

Jetzt wirst du vielleicht sagen. Ja, ok, aber in meiner eigenen Praxis ist das nicht so einfach. Manchmal sind doch Outcome und Output gar nicht zu trennen. Richtig, daher versuche ich mich jetzt an einem weiteren Beispiel. Die Qualität unseres Softwareprodukts TopWare3000 soll dramatisch verbessert werden.

Objective: Wir möchten die Qualität von TopWare3000 dramatisch verbessern.

Key Result: Die wichtigsten 30 Fehler sind aus Sicht der Kunden ausgemerzt.

Initiativen:

  • Wir bereinigen im nächsten Quartal ausschließlich Fehler.
  • Wir frieren die Entwicklung neuer Funktionalitäten ein.
  • Wir bauen eine repräsentativen Kundentest auf.

Dieses Beispiel zeigt sehr schön den Unterschied zwischen Output und Outcome. Naiv hätte ich auch sagen können, als Initiative sollte doch die Bereinigung der 30 Fehler doch völlig ausreichen? Nein, denn damit TopWare 3000 dramatisch besser wird und diese Fehler auch wirklich bereinigt werden, ist eine Anti-Initiative erforderlich. Die Unterlassung von paralleler neuer Entwicklungsarbeit. Gleichzeitig ist es so, dass die Wirkung nur aus Kundensicht bestätigt werden kann. Nicht jeder in der Entwicklung bereinigte Fehler wird auch vom Kunden als bereinigt wahrgenommen.

Vom Story-Point zur Wirkung

Die Unterscheidung zwischen Output und Outcome liegt mir sehr am Herzen. Wo sind die Story-Points in dieser Gleichung? Nirgends, denn Story-Points haben bezüglich der Wirkung keine Aussage. Die Messung des reinen Outputs hat auch keine Aussagekraft. Einzig und alleine das konsequente Denken in Wirkungen führt zu guten Entscheidungen. In der Politik nennt man es, “Vom Ende her denken” und da ist mit Sicherheit etwas dran.


  1. In der Softwareentwicklung und in den Ingenieursdisziplinen wurde sogar von Manntagen (MT), statt Personentagen (PT) gesprochen. Frauen kamen im Controlling nicht vor, was aus heutiger Sicht unfassbar ist. ↩︎

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